Bochum. Die nahende Schließung des Rewe-und Naturkost-Marktes Artmann in Bochum wird von Kündigungsschutzklagen flankiert. Eine hat’s besonders ins sich.

Das hätte sich Johannes Artmann zum Abschied nach knapp 30 Jahren als Supermarkt-Leiter wohl anders erhofft. Weil er seinen Rewe- und Naturkost-Markt am Birkhuhnweg in Langendreer Mitte Juni aufgeben wird und deshalb allen 76 Beschäftigten betriebsbedingt gekündigt hat, haben rund 20 dagegen vor dem Arbeitsgericht Bochum geklagt. Eine Kündigungsschutzklage hat es besonders in sich.

Sein persönlicher Assistent wurde sogar fristlos gefeuert, weil er an seinen Arbeitszeiten manipuliert haben soll, sogar „mit System“. Das bestreitet der Mitarbeiter entschieden. Ein Gütetermin scheiterte am Montag vor der 1. Kammer.

Supermarkt-Chef aus Bochum: „Ich habe zu viel vertraut“

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Vor Gericht duzen sich Kläger und Beklagter. Schließlich waren sie jahrelang ein enges Team. „Es ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gewesen“, sagte Artmann vor Gericht, fügte aber sogleich hinzu: „Ich habe zu viel vertraut.“

Sein Ex-Assistent jedoch verweist auf seine Korrektheit: „Ich habe den Laden so geführt, als ob er meiner sei.“ Artmanns Rechtsanwalt antwortet: „Eine eklatante Fehleinschätzung.“

Die Kunden, die teilweise seit Jahrzehnten dort einkaufen, wird aber vor allem eines interessieren. Mitte Juni ist Schluss in dem Markt. Bis Ende Mai wird regulär verkauft, danach gibt es für die Rewe-Produkte einen Ausverkauf. Danach wird es im Ortsteil Kaltehardt keinen klassischen Supermarkt mehr geben.

Reiner Bioladen soll künftig an dem Standort eröffnen

Künftig soll an gleicher Stelle ein Naturkost-Großhändler mit einem Bioladen einziehen. Ab Juli soll zwei Monate umgebaut werden.

Artmann selbst geht in Rente, nicht weil der in dem Doppelmodell seltene Markt nicht gut lief, sondern weil er jetzt 65 Jahre ist. „Das ist mein Lebenswerk“, sagte er Richter Christian Vollrath über sein Geschäft.

Der Mitarbeiter, der jetzt gegen den fristlosen Rauswurf klagt, sollte einmal dieses „Lebenswerk“ übernehmen. Das hat sich zum großen Verdruss beider zerschlagen, schon vor den Vorwürfen mit den Arbeitszeiten. Am 7. Juli werden sich beide Seiten erneut vor Gericht treffen.

Kläger halten Kündigung für unwirksam

Auch alle anderen Klagen der Mitarbeiter sind noch anhängig. Diese halten die Kündigung für unwirksam, weil es ja einen Nachfolgebetrieb geben wird. Ob sich aber ein reiner Bioladen mit dem bisherigen Supermarkt-Modell deutlich vergleichen lässt – das wäre für einen Klageerfolg erforderlich – , ist rechtlich völlig unsicher. Auch Abfindungen stehen auf Klägerseite im Raum. Einige Gekündigte sollen bereits neue Arbeit gefunden haben.