Bochum. Auch die Bochumer Gaststätten sind wegen Corona geschlossen, wann und wie sie wieder öffnen, ist unklar. Gerade für kleine Kneipen wird es eng.

Mal wieder rausgehen, Leute treffen, ein Bierchen zischen – bis es wieder zu dieser lieb gewonnenen Ausgehroutine kommt, kann es trotz bevor stehender Corona-Lockerung noch eine Weile dauern. Nicht nur die Betriebe auf der Bermuda-Meile bleiben vorerst zu, sondern auch die kleinen, so genannten „Eck-Kneipen“. Eine Herausforderung, nicht nur für die Gäste, die die Geselligkeit vermissen. Sondern auch für die Gastronomen, die ums Überleben ihrer Läden bangen.

Wie Wirte um ihre Existenz kämpfen

Sie heißen „Zum Kuhhirten“, „Taubenschlag“ oder „Biercafé“ - hinter solchen Namen verbergen sich Bochumer Traditionsgaststätten, die in der Nachbarschaft die Stellung halten und die ein treues Stammpublikum anziehen. Und die deshalb nicht hängen gelassen werden. Weil viele Kneipiers wegen der seit acht Wochen drückenden Corona-Krise Probleme haben, haben sich mancherorts überraschend „Rettungsschirme“ aufgespannt; gezimmert aus Originalität und Eigeninitiative.

Crowdfunding als Spendensammler

So haben Internet-basierte Crowdfundig-Spendenaktionen aktuell Konjunktur: Das Lokal „Linie 5“ (Uni-/Oskar-Hoffmann-Straße) wird von der treuen Kundschaft ebenso unterstützt wie die „Weiher Stube“ im Ehrenfeld. Bei letzterer sind innert einer Woche 11.000 Euro an Spenden eingegangen. Geld, das als Notgroschen gebraucht wird, um die Corona-Ausfälle zumindest abzufedern.

Auch fürs "Biercafé" am Shakespeareplatz und dessen Wirt "Bolle" Boldt wird von Getreuen via Facebook getrommelt. "Gemeinsam retten wir unser Biercafé", lautet das Motto, with a little help from my friends..., könnte man hinzufügen.

Aktionen sind Gold wert

„Solche Aktionen sind im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert“, sagt Tom Gawlig, der im Kortländer-Kiez die „Trinkhalle“ betreibt. Auch sein Lokal ist wegen Corona dicht, auch er muss Miete, Strom und Bierbestand (vor)finanzieren. „Ich habe deshalb selbst ein Fundraising im Netz gestartet“, sagt er. 8000 Euro seien zusammengekommen.

Für den Szene-Gastronomen geht es aber nicht ausschließlich ums Finanzielle: „Viele Kunden haben mit ihrer Spende gezeigt, dass sie das Angebot der ,Trinkhalle‘ schätzen und vermissen“, sagt Gawlig. Die sei gelebte Solidarität: „Ich sage danke dafür!“

"Soforthilfe" brauchte ein paar Wochen

Im Übrigen zehre er von seinen Rücklagen, aber auch die „Soforthilfe“ des Landes NRW war willkommen. „9000 Euro für drei Monate wurden für kleine Betriebe wie meinen schnell bewilligt“, sagt Gawlig. Der Haken: „Ich habe den Antrag schon vor Wochen gestellt, das Geld war aber erst dieser Tage auf dem Konto.“ Doch immerhin.

Ungewissheit ist bedrückend

Wie es mit der „Trinkhalle“ – und mit allen anderen Lokalen nicht nur in Bochum – weitergeht, steht dahin. „Das Schlimmste ist die Ungewissheit“, sagt Tom Gawlig, der auf eine schnelle Konkretisierung der in Aussicht gestellten Corona-Lockerungen hofft. Klar, habe er Pläne, wie die „Trinkhalle“ auch Virus-fest betrieben werden könnte, Desinfektionsmittel, Mundschutz, Abstandsregeln… „Aber bei unseren kleinen Räumen würde die vorläufige Höchstzahl an Gästen wohl nur etwa 25 betragen“, sagt Gawlig. Zu wenig, um genügend Umsatz zu erzielen.

Neuer Service kommt gut an

Bis der Betrieb zu einer wie auch immer gearteten neuen Normalität zurückfinden kann, behilft sich der Kortländer-Gastronom mit einem anderen Service. Die zwei „Trinkhallen“, die Gawlig an der Herner Straße 8 und in Gelsenkirchen-Ückendorf führt, öffnet er nun tages- und stundenweise. In Bochum wird donnerstags bis zum Wochenende von 16 bis 19 Uhr am „Schalter“ bedient. „Wir haben eine Durchreiche zur Herner Straße eingerichtet, dieser Straßenverkauf wird gut genutzt“, sagt Gawlig.

Die Kundschaft wartet auf Abstand vor dem Lokal, der Chef und die Mitarbeiter verkaufen mit Mundschutz. „Die Leute sind froh, dass sie nicht mehr immer nur Hansa-Bier zu Hause trinken müssen, sondern auf unsere Spezialbiere zurückgreifen können“, sagt Gawlig. Den gewohnten, lieb gewonnenen Alltag kann das aber nicht ersetzen. „Bierproben und alles andere – Klönen, Tischtennis, Kickern, Frikadellen - liegt noch in weiter Ferne“, macht sich Tom Gawlig wenig Illusionen.

>>> Stichwort Trinkhalle

Die „Trinkhalle“ ist auf ein großes Sortiment an Bieren aus regionalen, konzernunabhängigen Braubetrieben spezialisiert. Über 100 Sorten warten auf Experimentierfreudige.

Auch gehören Bierverkostungen mit Brauern aus ganz Deutschland zum Markenkern der Kiez-Kneipe an der Herner Straße 8.

In der "Ping Pong Gallery", dem Tischtennisraum der Kneipe, finden regelmäßig Kunstausstellungen und -aktionen statt.

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