Bochum. Das gab's noch nie: Statt live auf der Bühne wird „Ein Sommernachtstraum“ als „Geisterpremiere“ online gezeigt. Das Coronavirus macht's möglich.

Ein nie dagewesenes Ereignis steht der Bochumer Kulturszene am Freitag, 27. März, ins Haus: Als wohl erste Bühne überhaupt wird Theater Total die Premiere von Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ nicht live auf der Bühne spielen, sondern zeitgleich online auf seiner Internetseite ausstrahlen. Die Übertragung der „Geisterpremiere“ beginnt um 19.30 Uhr. Wer mag, kann bequem von zu Hause aus dabei sein und braucht dafür nicht einmal ein Ticket.

Aufgezeichnet wurde die Aufführung schon vor knapp zwei Wochen durch die Bochumer Filmfirma „Kobayashi“, die die Proben bei Theater Total seit einigen Wochen begleitet. Die Aufzeichnung ist Teil einer Landesförderung, die das Jugend- und Bildungsprojekt zur Förderung talentierter Nachwuchs-Schauspieler in diesem Jahr bekommen hat. „Zum ersten Mal ist es uns gelungen, an diese Förderung zu kommen, was uns alle mächtig gefreut hat“, sagt die Leiterin Barbara Wollrath-Kramer.

Theater Total zeigt "Geisterpremiere" im Internet

Mit „Ein Sommernachtstraum“ zeigt der aktuelle Jahrgang von Theater Total seine Abschlussarbeit. Seit dem vergangenen September sind die rund 30 jungen Leute im Alter zwischen 17 und 21 Jahren zusammen, um gemeinsam zu spielen, zu proben und künstlerisch aktiv zu sein. Die Teilnehmer kommen aus ganz Deutschland. Nicht selten werden einige von ihnen nach ihrem ereignisreichen, aber auch kräftezehrenden Jahr bei Theater Total an renommierten Schauspielschulen aufgenommen.

Doch bis dahin dreht sich bei ihnen alles um Bühne, Bewegung, Licht, Musik und Schauspiel – nicht selten Tag und Nacht. Als erste Aufführung brachten die Jugendlichen im November eine Performance nach einem Novalis-Märchen auf die Bühne, jetzt sollte für sie mit „Ein Sommernachtstraum“ die ganz heiße Phase beginnen. Denn auf die Premiere folgt stets eine ausgedehnte Deutschlandtour, die diesmal quer durch die Republik von Bremen über Ulm bis Leipzig und Rostock führen sollte. Die Vorfreude war riesig, einige Säle waren sogar schon ausverkauft.

Premiere und Deutschlandtour fanden abruptes Ende

Doch all die vielen schönen Pläne fanden ein abruptes Ende, als die Stadt zur Eindämmung des Coronavirus vorerst sämtliche Spieltermine bis Mitte April absagen ließ. Darunter befanden sich die ersten Vorstellungen in Bochum sowie die ersten Stationen der Tournee. „Das war richtig, richtig hart für uns“, erzählt Wollrath-Kramer. „Die Produktion war fast fertig, wir hätten nur noch wenige Tage gebraucht, als wir die Proben abbrechen mussten.“ Jetzt harren die Schauspieler in Bochum der weiteren Dinge, einige von ihnen sind auch zurück in ihre Heimatstädte gefahren.

Besonders traurig ist Wollrath-Kramer deswegen, weil sie die aktuelle Produktion für eine der besten in der über 20-jährigen Geschichte von Theater Total hält. „Diesmal ist uns wirklich eine super schöne Aufführung gelungen, und das sagte ich nicht oft“, erzählt die Theaterleiterin, die auch dafür bekannt ist, ihre Schützlinge gern mal etwas härter zu behandeln und mit Kritik nicht zu sparen. „Wenn diese Produktion nicht gespielt werden könnte, wäre das ein riesengroßer Jammer.“

Es fehlt noch der letzte Akt

Die Online-Premiere heute Abend wird allerdings nicht die komplette Inszenierung zeigen: „Als wir das aufgezeichnet haben, war noch nicht alles perfekt, vor allem fehlt der komplette letzte Akt.“ Viele schöne Einblicke gewähre der Film aber allemal.

Und wie geht‘s dann weiter? Wollrath-Kramer hofft, dass die Premiere und vielleicht auch Teile der Tour womöglich im Spätsommer nachgeholt werden können. Die Schwierigkeit: Schon im September nimmt der nächste Jahrgang von Theater Total an der Königsallee seine Arbeit auf. „Dann hätten wir zwei Gruppen im Haus. Aber wir schaffen auch das, wie wir eigentlich alles geschafft haben.“