Bochum. Es ist der erste Samstag, an dem die Ausgangs- und Versammlungsverboten für die Stadt Bochum in Kraft sind. Behörden berichten über ruhige Lage.
Es ist der Tag eins der massiven Ausgangs- und Versammlungsbeschränkungen für Bochum. Dieser Samstag, der 21. März 2020, markiert eine Wende im Kampf gegen das Corona-Virus. Die Stadt Bochum hat sich am Freitag auch angesichts des ersten an den Folgen einer Infektion mit dem Coronavirus verstorbenen Bochumers, einem 55-jährigen Mann, zu einschneidenden Maßnahmen entschlossen.
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Als eine der ersten Kommunen des Reviers erließ die Stadt um Mitternacht eine sogenannte Allgemeinverfügung, die Ansammlungen von mehr als zwei Personen generell verbietet. Eine erstmals seit Ende des zweiten Weltkriegs verordnete Maßnahme. Ähnliche Regelungen gelten unter anderem in Köln, Leverkusen, Dortmund und Gelsenkirchen.
Wenig Arbeit für Taxifahrer
WAZ-Reporter haben sich bereits in der Nacht umgeschaut und im Bereich des Hauptbahnhofs und des Bermudadreiecks die Situation beobachtet. Zwar hasten vereinzelt Menschen durch die Straßen, etwa, wenn ein Zug einfährt. Die Taxis, sonst äußerst gefragt für die Nachtschwärmer, stauen sich wie üblich am Bahnhofsvorplatz. Nur die Kundschaft, die bleibt aus. Wie das Geschäft laufe, wollen wir wissen. Die Antwort, ein hilflosen Schulterzucken.
Die Polizei, die sich täglich mit der Stadt abstimmt, setzt Streifen ein und unterstützt die städtischen Ordnungsamtskräfte. Polizeisprecher Frank Lemanis berichtet am frühen Morgen: „Die Lage ist äußerst ruhig.“ Das Bild bestätigt sich im Laufe des Vormittags. Es habe höchstens vereinzelt Hinweise auf kleinere Menschenansammlungen gegeben.
Polizei: Allermeisten sind sehr diszipliniert
Die Polizei lässt keinen Zweifel daran, dass die Beschränkungen durchgesetzt und bei Zuwiderhandlung mit Strafe bewehrt sind. Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren sieht das Infektionsschutzgesetz (IfSG) vor. „Wenn sich Leute widersetzen und den Anordnungen nicht Folge leisten, haben wir als letztes Mittel die Möglichkeit, unmittelbaren Zwang anzuwenden“, so Lemanis. Zum Glück sei es dazu bislang nicht gekommen. Das Ordnungsamt arbeitet Hand in Hand mit der Bochumer Polizei zusammen. „Wir beobachten bisher, dass sich die Allermeisten sehr diszipliniert und ruhig verhalten“, so ein Stadt-Sprecher am Morgen.
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Markttag an einem ungewöhnlichen Samstag
Geöffnet haben an diesem Samstag die Wochenmärkte. Sie sind für die Versorgung der Bevölkerung wichtig. Doch auch hier gelten Abstandsregeln und die Marktbesucher sind vorsichtig. Auf dem Buddenbergplatz, direkt hinter dem Hauptbahnhof steht Markthändler Friedrich Muhs, der Pilzspezialitäten und Delikatessen anbietet. Er hat sich Gummihandschuhe angezogen. „Noch lassen sich hier auf dem Markt hochwertige Waren verkaufen.“ Aber es ist merklich ruhiger als an einem normalen Samstag.
Was das Ansammlungsverbot bedeutet
Das seit Mitternacht (21. März) geltende Ansammlungsverbot für das Gebiet der Stadt Bochum ist zunächst bis zum 19. April befristet. Dies sind die wichtigsten Inhalte.
– Mehr als zwei Menschen dürfen sich nicht zusammen unter freiem Himmel aufhalten
– Ausnahmen sind Familien sowie Lebens- und Wohngemeinschaften, berufliche Gründe und Zusammenkünfte beim Einkaufen (etwa in Warteschlangen)
– Das Grillen und Picknicken in Parks und öffentlichen Grünflächen ist untersagt
– Ein Verstoß kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer empfindlichen Geldstrafe geahndet werden.
Am Stand schräg gegenüber hat Ulrich Noetzlin Käse eingekauft. „Ich habe Verständnis für die jetzigen Maßnahmen. Das ist die richtige Entscheidung. Ich beobachte, dass sich die Leute hier sehr achtsam verhalten.“
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Am anderen Ende des Platzes kauft Angeliki Selimi Gemüse für ihre Familie ein. Die Griechin ist mit ihrer 17-jährigen Tochter Erato auf den Markt gekommen. „Viele Jugendliche denken, sie gehören nicht zu einer Risikogruppe und ignorieren deshalb die Anweisungen.“ Erato versteht ein solches Verhalten nicht, denn sie weiß, dass sie auch Verantwortung für ältere Menschen hat.
Krisenstab der Stadt tagt seit 14 Uhr
Auf dem Weg zurück über die Huestraße ist an diesem Samstag eine Zustellerin der Deutschen Post mit ihrem Wagen unterwegs. Die Griffe des mit Briefen beladenen Wagens sind mit einem durchsichtigen Plastikschutz überzogen. Mit welchem Gefühl sie derzeit ihrer Arbeit nachgeht? „Ach, ich bin froh, dass ich überhaupt noch an die Luft kann“, sagt die freundliche Mitarbeiterin und eilt weiter.
Auch an diesem Samstag, ab 14 Uhr, wird der Krisenstab der Stadt, indem sich täglich die Behörde abstimmt und über entsprechende Maßnahme berät, tagen. Es geht unter anderem darum, was die jetzt beschlossenen Maßnahmen zur Versammlung von Menschen bewirken und sicher auch, wie deren Einhaltung durchgesetzt werden kann.