Bochum. Airbnb ist auch in Bochum auf dem Vormarsch. 290 Wohnungen werden über die Online-Vermittlung vermarktet. Der Mieterverein warnt vor den Folgen.
Die Stadt Bochum sieht aktuell keinen Anlass, auf die Ausweitung der Internet-Plattform Airbnb zu reagieren. Zwar werden immer mehr Privatwohnungen für eine Kurzzeitvermietung angeboten. „Der Wohnungsmarkt ist bei uns aber nicht so angespannt wie etwa in Köln oder Düsseldorf“, sagt Stadtsprecher Peter von Dyk. Im Rathaus erkenne man daher keinen Handlungsbedarf, zumal der soziale Wohnungsmarkt deutlich angekurbelt werde. Derweil bringt der Mieterverein Bochum erneut eine Zweckentfremdungssatzung ins Gespräch.
Reisedaten: 7./8. Februar; Personen: 1; Reiseziel: Bochum: Wer Airbnb am Donnerstagmittag mit diesen Daten fütterte, erhielt in Bochum und Umgebung mehr als 300 Offerten; meist zwischen 20 und 50 Euro, meist in der Stadtmitte, aber auch in Stiepel, Langendreer und Wattenscheid.
Airbnb in Bochum: Portal meldet 290 Unterkünfte
Auf WAZ-Anfrage nennt der globale Marktführer erstmals lokale Zahlen. „Zum Stichtag 1. Januar 2020 gab es 290 Unterkünfte auf Airbnb in Bochum, davon 69 Prozent ganze Unterkünfte wie zum Beispiel Wohnungen, 30 Prozent Privatzimmer und ein Prozent geteilte Zimmer“, teilt Sprecherin Kirstin MacLeod mit. 2019 seien 9900 Gäste mit Airbnb nach Bochum gereist. 49.700 Bochumer hätten über das Portal andere Destinationen gebucht.
In der Branche geht man von höheren Zahlen aus. Für Düsseldorf liegen die Schätzungen zwischen 3000 und 3900, in Köln bis zu 7000 Wohnungen. Airbnb soll allein in der Landeshauptstadt im Jahr 2017 einen Umsatz von 18 Millionen Euro erwirtschaftet haben.
Beobachter rechnen in der auch für Touristen zunehmend interessanter werdenden Studentenstadt Bochum mit weiter steigenden Zahlen. Das werde nicht ohne Folgen für den Wohnungsmarkt bleiben, sagt Aichard Hoffmann, Sprecher des Mietervereins Bochum. Dabei sei das Grundprinzip von Airbnb und ähnlichen Portalen „durchaus nützlich und sinnvoll“. Immobilienbesitzer und Mieter (bei Airbnb „Homesharer“ genannt), die ihr Haus, ihre Wohnung, ihr Feriendomizil, ein Zimmer oder auch nur eine Sofa für einige Tage zur Verfügung stellen, können einen kleinen Nebenverdienst erzielen. Reisende könnten günstig für kurze Zeit unterkommen.
Stadtverwaltung fehlt jede Handhabe
Problematisch jedoch werde es, „wenn Vermieter eine reguläre Mietwohnung vom Markt nehmen und komplett über Airbnb vermarkten“, so Hoffmann. Aus dem privaten „Teilen“ werde ein kommerzielles und lukratives Geschäftsmodell, das die Mieteinnahmen deutlich übertrifft. Aus der Ausnahme werde die Regel. Die betroffenen Wohnungen, oft in zentraler Lage, seien „für normale Mieter auf Dauer weg“, warnt der Mieterverein. Und das in einer Stadt, in der laut einer Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung 25.000 Wohnungen für Geringverdiener fehlen und Bochum offiziell eine Wohnungsnotstadt sei.
Auch Hoteliers fordern striktere Regeln
Neben dem Mieterbund fordert auch der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga in Nordrhein-Westfalen striktere Regeln für Plattformen wie Airbnb.
Die Hotelbetreiber sehen die Online-Vermittler zunehmend als – meist preiswertere – Konkurrenz, ohne dass die privaten Vermieter die gleichen gesetzlichen Bestimmungen erfüllen müssten wie Hotels.
Das gelte etwa für Hygiene-Standards und Brandschutz.
Der Stadtverwaltung fehlt jede Handhabe. Früher gab es in Bochum eine „Beherbergungssatzung“. Jeder private Vermieter musste für seine Gäste eine Abgaben zahlen. Seit 2012 ist es damit vorbei. 2017 scheiterte eine Initiative des Mietervereins, eine Zweckentfremdungssatzung einzuführen. „Damit stünde eine Vermietung unter dem Genehmigungsvorbehalt der Stadt“, so Aichard Hoffmann. So aber sei „in Bochum alles erlaubt“ – was mutmaßlich dazu führe, dass Wohnungen komplett über Airbnb vermarktet werden und die Knappheit gerade bei günstigen Mietwohnungen zunimmt.
Mieterverein will Satzung erneut zum Thema machen
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Der Mieterverein will handeln. „Nach der Kommunalwahl im Herbst werden wir die Zweckentfremdungssatzung wieder zum Thema machen“, kündigt Aichard Hoffmann an. Einen Schritt weiter geht Köln. Dort ist eine Registrierungspflicht für Kurzzeitvermietungen im Gespräch. Das würde die Kontrollen der Behörden erleichtern.