Bochum. Bei 7,44 Prozent lag der durchschnittliche Krankenstand in den Verwaltungen deutschen Städte 2018. In Bochum war und ist er deutlich höher.

Durchweg jeder siebte Mitarbeiter des Technischen Betriebs fehlt. Mit 15,84 Prozent war der Krankenstand einer der größten organisatorischen Einheiten in der Stadtverwaltung Bochum 2018 besonders hoch. Aber auch im Bauordnungsamt (15,32 Prozent) und dem Sozialamt (14,5 Prozent) liegen die Werte weit über dem Durchschnitt. Der lag vor zwei Jahren bei 9,98 Prozent und ist im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen (9,91).

Die Richtung stimmt also. Der Krankenstand beim Arbeitgeber Stadt sinkt. Sebastian Kopietz sieht das als Bestätigung für die Anstrengungen, die die Verwaltung mittlerweile unternehme, um den Gesundheitszustand ihrer Beschäftigung zu verbessern. „Aber das ist definitiv ein Langstreckenlauf“, sagt der Personaldezernent. Schnelle Lösungen gebe es nicht.

Umzug schafft bessere Bedingungen

Und es gibt viele Baustellen – wie die im Technischen Betrieb. „Der Krankenstand dort ist natürlich zu hoch“, so Kopietz. Und er hat sich von einem ohnehin schon hohen Niveau, 2015 lag er noch bei 12,44 Prozent, noch einmal deutlich erhöht. Die Gründe dafür können vielfältig sein: Anforderungen, Arbeitsorganisation. Durchschnittsalter der Beschäftigten, besondere körperliche Anstrengungen, unzureichende technische Ausstattung.

In Stahlhausen wurde der Technische Betrieb im vergangenen Jahr zusammengefasst. Er ist im umgebauten Weichen-Werk von ThyssenKrupp untergebracht.
In Stahlhausen wurde der Technische Betrieb im vergangenen Jahr zusammengefasst. Er ist im umgebauten Weichen-Werk von ThyssenKrupp untergebracht. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Zumindest der letzte Punkt dürfte mittlerweile weniger Gewicht haben. Mit dem Umzug an den neuen Standort nach Stahlhausen in ein modernes Verwaltungsgebäude und einer auf die Arbeitsabläufe optimal vorbereiteten Halle für Maschinen und Baustoffe, mit Kantine und modernen Sozialräumen sind die Bedingungen für die mehr als 450 Beschäftigten deutlich besser als bislang an insgesamt 15 Standorten. Und doch: Die Arbeit, die zu leisten ist, bleibt die Gleiche, die Anforderungen werden nicht geringer. Im Rahmen des Gesundheitsmanagements laufen daher zur Zeit Gespräche mit einer Krankenkasse für ein speziell zugeschnittenes Gesundheitsprogramm im Technischen Betrieb.

Individuelle Lösungen

Das sei allerdings kein Patentrezept, so der Personaldezernent. Für jedes Amt, für jeden Fachbereich, für jede Aufgabe müssten individuelle Lösungen erarbeitet werden. Nicht zuletzt deshalb hat Bochum mittlerweile eine Stabsstelle „Gesundheitsmanagement“ geschaffen und besetzt. Und diese hat einen Wettbewerb ins Leben gerufen. Seit 2018 wird jedes Jahr der Preis für erfolgreiches Engagement im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsmanagements vergeben. Hier gibt es mehr Artikel, Bilder und Videos aus Bochum

Unterschiedliche Berechnungsmethoden

Berechnet wurde die Krankenstandsquote von Stadt und Stadttöchtern nach den Kriterien des Deutschen Städtetages (DST). Danach werden alle Fehltage vom ersten Abwesenheitstag an berücksichtigt; also auch die ersten bis dritten Tage einer Arbeitsunfähigkeit, in denen keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werden muss und auch die Tage, in denen weder Krankengeld noch Gehalt gezahlt wird. Gezählt werden jeweils die Kalendertage, also auch Sonn- und Feiertage sowie sonstige arbeitsfreie Tage. Krankheitstage von Teilzeitbeschäftigten werden jeweils als „volle“ Fehltage gezählt.

Anders ermittelt werden die von den gesetzlichen Krankenkassen veröffentlichten Quoten, die deutlich unter den DST-Quoten liegen. Sie ermitteln den Anteil der als arbeitsunfähig gemeldeten Pflichtmitglieder von allen Pflichtmitgliedern. Dabei fließen die ersten drei Krankentage, die nicht durch einen Artz bescheinigt werden müssen, nicht ein.

Für falsch hält Kopietz den Vergleich von Ämtern und Abteilungen untereinander. Zu unterschiedlich seien die Aufgaben und Anforderungen, zu stark verzerrten statistische Besonderheiten die Vergleichbarkeit etwa von großen und kleinen Einheiten. Die Spanne reicht von den 15,84 Prozent des Technischen Betriebs zu 1,97 Prozent beim Planetarium, das seit Jahren die besten Krankenstandquoten aufweist. Das Credo: Jedes Amt solle sich allein in seiner eigenen Entwicklung betrachten. Kopietz: „Das ist unsere Benchmark, die Verbesserung der Gesundheitsquote in allen Bereichen.“ Und dort gebe es erste Fortschritte.

Bochumer Verwaltung steht im Vergleich schlecht da

Zwei Blicke über diesen Tellerrand hinaus sollte es indes dennoch geben: Im Vergleich mit anderen deutschen Städten schneidet Bochum schlecht ab, wie aus einer Statistik des Deutschen Städtetags hervorgeht. Danach lag die Krankenstandsquote 2018 in 167 Städten bei – trotz steigender Tendenz – im Schnitt lediglich 7,44 Prozent, in Bochum waren es 9,98 Prozent. Und auch im Vergleich mit den städtischen Tochterunternehmen hinkt die Verwaltung zum Teil hinterher. Zwar ist der Krankenstand bei der Bogestra mit 9,85 Prozent ähnlich hoch. Aber bei der Sparkasse (8,99 Prozent) und dem USB (7,89 Prozent) liegt er klar, bei den Stadtwerken (5,66 Prozent) sogar sehr deutlich darunter.

Anders erfasst wird die Krankenstandsquote bei der Bochum Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft (Bowe). Sie orientiert sich an der Berechnungsmethode der gesetzlichen Krankenversicherungen, deren Quoten in der Regel niedriger sind (Infobox). Bei der Bowe lag die Quote für 2018 bei 3,78 Prozent. Ein Jahr zuvor waren es noch 2,54 Prozent. Dafür gab es nach Auskunft von Sprecher Sven Frohwein zahlreiche Gründe. Sehr viel wert lege das städtische Tochterunternehmen auf das betriebliche Gesundheitsmanagement. Frohwein: „Mehr als 50 Prozent der Belegschaft nimmt daran teil.“