Bochum. 3000 Haushalte und 800 Firmen in Bochum warten seit Jahren vergeblich auf schnelles Internet. Das Projekt Gigabit-City tritt auf der Stelle.
Schneckentempo statt Lichtgeschwindigkeit. Der Alltag in Gigabit-City kann Nerven töten. 3000 Haushalte und 800 Gewerbebetriebe in unserer Stadt warten seit Jahren vergeblich auf schnelles Internet.
Spätestens Ende 2018 sollten alle Bochumer mit „Lichtgeschwindigkeit“ durchs Internet surfen. Vollmundig kündigten dies Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) und der damalige Unitymedia-Chef Lutz Schüler im März 2017 mit großem Tamtam auf der Cebit in Hannover an. „Wir werden die schnellste Stadt Deutschlands“, sagte Eiskirch.
Lahmes Internet mit 30 Megabit pro Sekunde
Bürgerinnen und Bürgern, die in den sogenannten weißen Flecken zu Hause sind, stößt das im Juni 2019 sauer auf. Zumal schnelle Besserung nicht in Sicht ist.
Mit nicht einmal 30 Megabit pro Sekunde fließen bei ihnen die Daten. Bildtelefonie, Onlinespiele, Fernsehen in Ultra-HD oder gar Arbeiten im Homeoffice – die schöne, schnelle neue Welt hat diese Menschen bis heute nicht erreicht.
„Ich wohne im Tal der Tränen“, sagt Achim Köhler. „Wir werden seit Jahren vertröstet.“ Südlich der Ruhruni, in Querenburg, gehen nicht wenige Nachbarn in den Garten, wenn sie das Internet nutzen wollen. Wer Glück hat, kann dann mit dem Handy eine ordentliche Verbindung aufbauen.
Bürger ziehen in die Nachbarstädte
Das Internet ist längst kein verzichtbarer Luxus mehr. Köhlers Tochter zog aus Bochum weg, weil sie den Server der Universität nicht zuverlässig erreichen konnte. Sie dürfte nicht die einzige sein, denn der weiße Fleck in Querenburg ist ja nur einer von 3000 in Gigabit-City.
Köhler sieht seit kurzem richtig Schwarz. Die Telekom hat seinen ISDN-Vertrag gekündigt. Die Übertragungstechnik, die einmal als das Beste vom Besten galt, werde eingestellt, sagt Köhler. „Sie können sich sicher vorstellen, dass mein Leidensdruck wächst.“
Bund und Land geben 22 Millionen Euro
Die Bochum Wirtschaftsentwicklung (WEG) kennt das Problem, kann aktuell aber nicht helfen. Geschäftsführer Ralf Meyer verweist auf die Förderrichtlinien. Seit Projekt-Verkündigung haben sich diese verändert. Positiv ist dies aber nicht in erster Linie für die Bürger, sondern für die Unternehmen, die den Ausbau des Breitbandnetzes vornehmen werden. Sollten dazu von Bund und Land ursprünglich 6,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, so sind es heute 22 Millionen Euro.
„Der Förderbescheid vom Bund ist da, wir erwarten in Kürze den vom Land“, sagt Meyer. „Ich darf aber nicht anfangen, bevor dieser vorliegt.“
Gelaufen ist mittlerweile die Ausschreibung zur Vergabe der Arbeiten. Das öffentliche Geld sollte Betreiber motivieren, den Ausbau in den Gebieten voranzutreiben, in denen sich das rein wirtschaftlich nicht rentieren würde, heißt es. Der Gewinner stehe fest, so Meyer.
Stadtwerke Bochum hoffen auf den Zuschlag
„Meine Hoffnung ist, dass wir noch vor den Sommerferien die Aufträge erteilen können.“ In welchem Ortsteil der Ausbau startet, darf der WEG-Chef nicht sagen. „Das wäre möglicherweise ein Hinweis auf den Wettbewerbssieger und würde daher gegen die Regeln verstoßen.“
1000 Megabit pro Sekunde
Der Name Gigabit-City leitet sich ab von der Datengeschwindigkeit, die erreicht werden soll: 1000 Megabit pro Sekunde sind das Ziel.
Die Stadtwerke Bochum versorgen ihre Neukunden mit Glasfaserkabel, Unitymedia nutzt bei seiner Technik in erster Linie die vorhandene Struktur mit Koaxialkabel.
95 Prozent der 194.000 Bochumer Haushalte sollen mit Gigabit-Technik versorgt werden, so lautete das Versprechen zu Projektbeginn.
Zu den Mitbewerbern gehören auf jeden Fall die Stadtwerke Bochum, die dritter Partner im Gigabit-City-Verbund sind. „Ich kann bestätigen, dass die Glasfaser Bochum ein Angebot abgegeben hat“, sagt Stadtwerke-Sprecher Kai Krischnak.
Die Gesellschaft des städtischen Energieversorgers versorgt bislang 16.500 Haushalte in 2200 Gebäuden mit schnellem Internet.
Gigabit-City ist immerhin dort wörtlich zu nehmen.