Bochum. Das Land fordert eine Reform der Unimedizin in Bochum. Die Träger der Kliniken sind offen für Gespräche. Eine Bevormundung lehnen sie ab.
Zur Kritik des Wissenschaftsrates am Bochumer Modell der Universitätsmedizin sprach die WAZ mit Wilhelm Beermann (83). Der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung des Dachverbandes der Träger der zwölf Universitätskliniken sieht durchaus die Notwendigkeit, das Modell weiterzuentwickeln. Pauschale Kritik und Entscheidungen über den Kopf der Träger indes lehnt er ab.
Herr Beermann, das Bochumer Modell ist in der Vergangenheit viel gelobt worden. Jetzt steht es in der Kritik. Insider sprechen gar von einem bestellten Gutachten für die Politik, um die Entwicklung der medizinischen Fakultät in Bielefeld zu unterstützen. Was sagen Sie dazu?
Wilhelm Beermann: Das ist zu hart ausgedrückt. Es gab 1995 eine Evaluierung. Es ist also nicht abwegig, nach 20 Jahren eine neue zu machen. Ich akzeptiere das. Festhalten kann man aber, dass es zu einer Zeit passiert, in der wesentliche Veränderungen auf den Weg gebracht werden. Zum Beispiel in Ostwestfalen-Lippe.
Auch interessant
Der Wissenschaftsrat empfiehlt gravierende Veränderungen am Modell. Wie bewerten Sie diese?
Wir müssen alle daran arbeiten, uns zu verbessern. Das Gutachten enthält viele Vorschläge, die wir voll und ganz akzeptieren. Auf Knopfdruck funktioniert das aber nicht. Das benötigt Zeit und umfasst ja zum Beispiel auch die Berufung von Professoren für Lehrstühle. Das müssen wir beschleunigen.
Und die Zahl der Kliniken soll von zwölf auf drei bis fünf begrenzt werden.
Pauschale einfache Lösungen gibt es sicher nicht. Dass eine hohe Klinikdichte von vornherein schädlich ist, stimmt so nicht.
„Unterschiedliche Interessen spielen eine Rolle“
Die Wissenschaft soll stärker in den Fokus rücken. Die Uni soll sich auf ihre Schwerpunkte konzentrieren. Sind Träger und Kliniken bereit dazu?
Es liegt auf der Hand, dass unterschiedliche Träger unterschiedliche Interessen haben. Auch diese spielen in der Gesamtbetrachtung natürlich eine Rolle. Es gibt bei mehreren Bochumer Trägern ja auch nicht-universitäre Einrichtungen und Zentren. Bei den Proteinwissenschaften und Neurowissenschaften sind wir absolut spitze, das zeigt die Analyse des Wissenschaftsrates ja auch. Das heißt aber nicht, dass man sich darauf ausruhen kann. In der Medizin finden ständig Entwicklungen statt. Gott sei Dank. Am Ende profitieren die Patienten.
- Gutachter kritisieren Uni-Medizin im Ruhrgebiet
- Gutachter empfehlen Uniklinik Standorte aufzugeben
- Ruhr-Uni eröffnet Institut für Forschung und Lehre
Die Onkologie steht besonders in der Kritik. Sie sei nicht konkurrenzfähig, heißt es. Was bedeutet das für das Universitätsklinikum?
Im Bereich der Onkologie haben wir mit dem RUCCC (Ruhr-Universität Comprehensive Cancer Center) trägerübergreifend ein seit langem zertifiziertes Zentrum mit nationaler Sichtbarkeit und hervorragender interdisziplinärer Patientenversorgung. Anträge zur Klassifizierung als Spitzenzentrum zur Forschungsförderung waren bisher aus institutionellen Gründen gar nicht möglich. Das hat sich jetzt geändert.
Auch interessant
Die Gutachter kritisieren die Schwäche der Uniklinik bei der Einwerbung von Drittmitteln. Wie stehen Sie dazu?
Es ist logisch, dass es auch im Kreis der Mediziner, unabhängig von der jeweiligen Fachrichtung, unterschiedliche Veranlagungen und Neigungen gibt. Einige sind mehr auf die Forschung ausgerichtet, andere sind mehr Praktiker. Bei den Drittmitteln spielt auch die Fachrichtung eine Rolle. In manchen Fächern gibt es auf Seiten von Forschungsgemeinschaften, Ministerien und der Pharmaindustrie mehr Forschung und Entwicklung als in anderen.
„Der Anteil von Frauen im Medizinstudium wächst“
Der im Vergleich zu NRW geringe Frauenanteil bei den Professuren wird kritisiert. Warum stellen Sie mehr Männer als Frauen ein? Wollen Sie das verändern?
Der Anteil von Frauen im Medizinstudium wächst. Insofern ist auch die Besetzung von mehr Chefarztpositionen durch Frauen eine Frage der Zeit. Direkt beeinflussen können wir das nicht. Bei den vergangenen Ausschreibungen haben sich viel mehr Männer als Frauen beworben. Das bedauern wir.
Auch interessant
Der Wissenschaftsrat fordert ein weiteres externes Gutachten. Was halten Sie davon?
Wenn ein Gutachten ausschließlich von Externen gemacht werden würde, hielte ich das für falsch. Unternehmensinterne Kenntnisse müssen meines Erachtens zwingend einfließen. Entscheidungen über unseren Kopf hinweg lehne ich ab.