Bochum-Innenstadt. Vier Wochen lang hat die Gruppe ein leerstehendes Ladenlokal an der Kortumstraße geöffnet. Hier werden aussortierte Lebensmittel gratis verteilt.
Die Idee ist so simpel wie durchschlagend: Um Lebensmittel, die in den Läden nicht mehr verkauft werden, vor der Mülltonne zu retten, sammeln die fleißigen Helfer von „Foodsharing“ die Überschussware ein und geben sie kostenlos weiter. Dies geschieht ehrenamtlich und unter einigem Einsatz von Zeit und Energie, die die Helfer dafür aufbringen.
„Foodsharing“, eine ökologisch überaus sinnvolle Organisation, gibt es mittlerweile in ganz Deutschland. Auch in Bochum ist die Bewegung aktiv: Neben den vier Kühlschränken, die regelmäßig befüllt werden, wagten die Mitarbeiter jetzt das Experiment, während des Weihnachtsmarkts ein leerstehendes Ladenlokal in der Innenstadt fürs „Foodsharing“ (also das Teilen von Lebensmitteln) zu öffnen. Am Samstag (4.) ist der Laden vorerst zum letzten Mal geöffnet, und die Verantwortlichen ziehen ein durchaus positives Fazit: „Das hat sich auf jeden Fall gelohnt“, sagt Botschafterin Vivien Illigens. „Obwohl ich noch nie so anstrengende Weihnachten erlebt habe wie diesmal.“
Filmemacher gab mit Doku den Startschuss
Die Bewegung stammt aus Köln und Berlin und geht u.a. auf den Filmemacher Valentin Thurn zurück, der in seinem Dokumentarfilm „Taste the Waste“ die exzessive Verschwendung von Lebensmitteln anprangerte: „50 Prozent aller Lebensmittel werden weggeworfen: Jeder zweite Kopfsalat, jede zweite Kartoffel und jedes fünfte Brot. Das meiste davon endet im Müll, bevor es überhaupt den Verbraucher erreicht“, erzählte Thurn darin.
Um solchen Missständen den Kampf anzusagen, fanden sich in den letzten Jahren zahlreiche Ehrenamtliche, die in ihrer Freizeit „Foodsharing“ betreiben. Allein in Bochum sind es über 100.
Mit dem Bollerwagen in den Läden unterwegs
Eine von ihnen ist Vivien Illigens: Die Lehramtsstudentin für Mathe und Deutsch an der Ruhr-Uni hörte von einer Freundin in Berlin davon und schloss sich der Bewegung mit ganzem Herzen an. Als sogenannter „Food Saver“ geht sie zu den Läden, Wochen- und Supermärkten, die daran teilnehmen, und sammelt die überschüssigen Lebensmittel nach vorheriger Prüfung ein. Dies meist ohne Auto, denn „Foodsharing“ möchte auch etwas fürs Klima tun. „Das meiste geht fußläufig und mit dem Bollerwagen“, sagt sie.
Wohin mit all dem Tsatsiki?
Und was dabei zusammen kommt, sind teils richtige Mengen. Einiges wird direkt vor Ort aussortiert: So wird nichts mitgenommen, was bereits verschimmelt ist. „Aber das allermeiste kann völlig bedenkenlos noch gegessen werden“, sagt Illigens. „Auch wenn es schon etwas über dem Verfallsdatum ist.“
Auch Kühlschränke werden gratis befüllt
Der „Foodsharing“-Laden an der Kortumstraße 122 öffnet letztmals am Samstag (4.) von 18 bis 20 Uhr. Außerdem werden regelmäßig Kühlschränke befüllt: Diese finden sich bei der Bochumer Ehrenamtsagentur (Willy-Brandt-Platz 8), an der Ruhr-Uni (neben dem Kulturcafé), im Luther-LAB (Alte Bahnhofstraße 166) sowie bei den Naturfreunden Langendreer (Alte Bahnhofstraße 175).
An jedem ersten Montag des Monats finden Treffen in der Ehrenamtsagentur statt: wieder am 6. Januar, 18 bis 20 Uhr. Alle Infos: www.foodsharing.de
Über den Kontakt zu BO-Marketing, dessen Programm „Tapetenwechsel“ leerstehende Ladenlokale temporär wieder öffnet, kam „Foodsharing“ jetzt zu einem Geschäft an der Kortumstraße 122.
„Die Idee war, die Lebensmittel auf dem Weihnachtsmarkt einzusammeln und diese dann hier weiterzugeben“, erzählt Illigens. Gesagt, getan: Nach Feierabend retteten sie dort unzählige Speisen vor der Tonne – darunter haufenweise Kartoffeln, Äpfel, Brot und Fischbrötchen. „Wir haben auch eimerweise Tsatsiki bekommen und wussten erst gar nicht, wohin damit. Da waren unsere Helfer dann pfiffig und haben den richtig schön angerichtet. Mittlerweile ist alles weg.“
Nach vier Wochen schließt der Laden am kommenden Samstag, danach wird gründlich aufgeräumt. Ob „Foodsharing“ so schnell einen weiteren Laden eröffnen will, müsse sich zeigen: „Das lohnt sich schon, aber es frisst auch eine Menge an Zeit und Energie“, sagt Vivien Illigens. „Aber wir sind mit vielen Menschen in Kontakt gekommen und haben sie von unserer Idee überzeugten können Das war wiederum eine wirklich gute Sache.“