Bochum-Weitmar. Helmut Leo geht in Rente. Er war 20 Jahre lang Kantor der Weitmarer Gemeinde St. Franziskus. Mit seinen Ideen hat er viele Mitglieder gewonnen.
40 Jahre lang hat Helmut Leo an der Orgel gesessen und Musik gemacht – tagein, tagaus. Dass er davon irgendwann einmal genug haben würde, konnte er sich lange nicht vorstellen. Diesen Punkt hat der Kantor jetzt allerdings doch erreicht: An den Weihnachts-Feiertagen hat er seine letzten Konzerte in der Gemeinde St. Franziskus gegeben – jetzt freut er sich auf die Rente, die zunächst etwas anderes als einen musikalischen Alltag bringen soll. Was genau? Feste Pläne hat der 64-Jährige noch nicht. „Ich lasse das einfach auf mich zukommen.“
Helmut Leo führt Cäcilienmesse mit 86 Mitwirkenden am zweiten Weihnachtstag auf
Von einer „Null-Bock-Attitüde“ kurz vor Ende des Arbeitslebens kann jedoch keineswegs die Rede sein. Im Gegenteil, der Kantor hat einen energiegeladenen Endspurt hingelegt. „Ich habe immer mit Liebe Kirchenmusik gemacht und die Gruppen geleitet. Aber irgendwann reicht es.“ Sein persönliches Finale war schließlich die Cäcilienmesse von Charles Gounod, die er zusammen mit 86 Mitwirkenden am zweiten Weihnachtstag auf die Bühne gebracht hat. Chor und Orchester haben hier ein letztes Mal unter seiner Leitung ein gemeinsames Konzert vorgetragen. „Und das waren alles Gemeindemitglieder“, sagt Helmut Leo. Das heißt: keine Berufsmusiker. Er hat also in zahlreichen Einzelproben, an zusätzlichen Probentagen und einem ganzen Probenwochenende Stimm- und Instrumentalgruppen trainiert.
„Und diese Proben wurden angenommen“, sagt Sylvia Krieschbach mit Nachdruck. Sie ist eine der Sängerinnen aus dem Kirchenchor. „Wir wurden immer herausgefordert und haben uns dadurch richtig weiterentwickelt.“ Sie selber ist Beweis dafür, dass Helmut Leos Ideen Früchte tragen: Durch eines seiner Chorprojekte ist sie 2004 in den Chor eingestiegen und seitdem geblieben. 2008 hat sie sogar das Amt der Schriftführerin übernommen.
Erfolgsgeheimnis: Projektchöre und Popmusik
„Viele Menschen haben Lust, im Chor zu singen. Allerdings können sie die regelmäßigen Proben auf Dauer nicht wahrnehmen“, sagt Helmut Leo. Deswegen hat er mit Antritt seiner Stelle vor 20 Jahren begonnen, Projekte anzubieten. „Zehn Proben, zwei bis drei Auftritte – das ist ein guter Rahmen. Und dabei haben wir doch noch feste Mitglieder gewonnen.“ Und noch eine Veränderung ist mit ihm in die musikalische Gestaltung der Gemeinde gekommen: Helmut Leo hat eine Band und englische Stücke etabliert. „Damit vertreten wir viele Stilrichtungen und spielen nicht nur Klassisches, sondern bedienen auch das Genre NGL.“ Das steht für „Neues Geistliches Lied“ und bezeichnet religiöse Stücke, die stark von zeitgenössischer Popmusik beeinflusst werden.
Der Wunsch des Chores, der 1999 aus 23 Sängern bestand, hat sich also mehr als erfüllt: Überlebt hat er, und heute zählt der Kirchenchor mehr als 50 Mitglieder. Daneben gibt es noch einen Kinderchor, einen Jungen Chor und das Pfarrorchester, was Helmut Leo ursprünglich nach Weitmar gezogen hat. Einzig der Kinderchor erfahre seit ein paar Jahren einen Rückgang. „Wir bekommen schließlich auch mit, dass sich die Schule und ihre Strukturen verändert.“
Chor ist gespannt auf Neues
Etwas wehmütig ist Sylvia Krieschbach, als sie über die Rente des Kantors spricht. „So ist nun einmal der Lauf der Welt“, sagt sie. Wegen seiner Professionalität und seines Charismas erfreue er sich hoher Beliebtheit. Aber: „Wir freuen uns auf den neuen Kantor und seine Wege.“ Schließlich ist Helmut Leo das beste Beispiel dafür, dass frischer Wind guttut in einer Kirchengemeinde.