Weitmar. . Pfarrorchester St. Franziskus in Bochum nahm 1968 seinen Anfang im Wohnzimmer des Kantors Hans Glaser. Auch heute gibt es keine Nachwuchssorgen.

Ohne Fräulein Keller hätte es das Pfarrorchester St. Franziskus wohl nie gegeben. Die Geigenlehrerin wohnte an der Franziskusstraße und war beflügelt von der Idee, einen Instrumentalkreis zu gründen. Den neuen Kantor der Gemeinde, Hans Glaser, musste sie nicht lange überzeugen. Zusammen mit einigen ihrer Geigenschüler und weiteren jungen Leuten, die nach einem Aufruf hinzustießen, erlebten sie 1968 die Geburtsstunde des Orchesters.

Geprobt wurde im Wohnzimmer von Glaser, Anni Keller gehörte zum kleinen Kreis der Gründungsmitglieder und avancierte zur Vorsitzenden. Zwei von ihnen, Gisela Ihrig und Heinz Marschall, brachten zusammen sieben Kinder mit ins Orchester, die alle verschiedene Instrumente spielten. „Von Anfang an war es unsere Aufgabe, den Kirchenchor zu begleiten“, sagt Ulrich Kriegesmann, das einzige noch aktive Gründungsmitglied. Er kam im Kindesalter als Geiger hinzu, und erinnert sich: „In den Pausen machte Ehefrau Josefa Glaser belegte Brötchen, die sie mit gelbem Sprudel servierte.“

Eine alte Aufnahme des Pfarrorchesters aus dem Jahr 1970. Der Instrumentalkreis gründete sich zwei Jahre zuvor. Repro: Sabine Hahnefeld Spielstand beim VfL

Als das Glaser-Wohnzimmer zu eng wurde, weil der Kreis wuchs, zogen die Musiker – zur Hälfte Kinder – ins benachbarte Jugendheim um. Wenn während der Proben der VfL spielte, musste der Wirt sie unterbrechen, um den Spielstand durchzugeben. Irgendwann war auch das Jugendheim nicht mehr geeignet, und so wurde auf der Orgelbühne in der Kirche geprobt.

Es folgten die ersten Aufführungen, vorrangig bei Gottesdiensten. Weil sich das Orchester finanzieren musste, organisierte Glaser Auftritte außerhalb der Kirche, etwa bei Vereins- und Firmenfeiern. Damit bekam das Orchester eine Strahlkraft weit über Weitmar hinaus. Mit dem erspielten Geld konnte die Ausrüstung aufgestockt werden. Hans Glaser wusste insbesondere die jungen Mitglieder bei der Stange zu halten. Ulrich Kriegesmann: „Wir trieben gemeinsam Sport, zudem organisierte er Spiel- und Unterhaltungsabende. Und er forderte jeden Einzelnen auf, zur nächsten Probe zu kommen – die war dann stets die wichtigste“

Von links: Gerhard Drüke (Schriftführer und Klarinette), Helmut Leo (Dirigent), Uli Pieper (Erste Geige) und Uli Kriegesmann (Zweite Geige und seit 50 Jahren Chormitglied ) gehören zum Pfarrorche Foto: Sabine Hahnefeld Höhere Wertigkeit

Helmut Leo übernahm vor 19 Jahren den Staffelstab von Hans Glaser: „Das Glück war, dass der Pastor festlegte, dass das Orchester zum Aufgabenbereich des Kirchenmusikers gehörte; damit steht es gleichberechtigt neben dem Chor und erfährt eine höhere Wertigkeit.“ Instrumentalkreise seien in der katholischen Kirche äußerst selten.

Helmut Leo arrangiert viele Stücke neu, je nach Instrumentierung des Orchesters. So taucht die Klarinette erst spät in der Musikgeschichte auf, ist also bei frühen Klassikstücken nicht dabei. So müssen die Stimmen fürs Orchester anders eingerichtet werden, damit es passt.

Konzertausflüge innerhalb Europas

Geprobt wird dienstags

Das J ubiläumskonzert zum 50-jährigen Bestehen war in der St.-Franziskus-Kirche.

Die nächste Gelegenheit, den Kreis musikalisch zu erleben, ist am 15. September in St. Anna in Gelsenkirchen (16 Uhr) und am 24. November im St. Mauritius-Stift im Ehrenfeld (17 Uhr).

25 aktive Musiker gehören zum Orchester. Geprobt wird dienstags ab 19 Uhr im Gemeindeheim, Franziskusstraße 17a. Am 28. August geht’s weiter.

Was früher die Spieleabende, sind heute die Konzertausflüge. Gerhard Drüke: „Wir spielten schon in Trier, in der Toskana, Berlin, Mallorca und begleiteten eine Pilgerfahrt in Frankreich.“ Nahm Hans Glaser an Auftritten alles mit, was er kriegen konnte, haben sich die Konzerte heute merklich reduziert. Kriegesmann: „Es wurde etwas zu viel.“

Nachwuchssorgen hat das Orchester bis heute nicht, wenn auch keine Kinder mehr mitspielen; die Musiker sind zwischen 17 und 81 Jahre alt. „Wir sind ein kleiner symphonischer Kreis, der alte und neue, sakrale und weltliche Musik macht.“ – „Und ein offener“, ergänzt Kantor Leo.