Bochum. Was für eine Bescherung! Nach dem verheerenden Rohrbruch vor einer Woche herrscht am Schauspielhaus Land unter. Vorstellungen werden verlegt.
Es war Freitag der 13., als über Nacht das Wasser kam. Bis zu 60 Zentimeter hoch stand es am nächsten Morgen überall im Schauspielhaus Bochum: im Heizungskeller, in den Fluren, in der Kantine, im Oval Office. Seither geht am Theater gar nichts mehr, der Spielplan ist bis mindestens Mitte Januar gekippt. Was für eine Bescherung! Doch was passiert eigentlich in den nächsten Tagen im Haus? Und haben die Schauspieler jetzt alle frei? Wir haben mal nachgefragt.
Vor allem um eine Produktion tut es dem Ensemble gerade mächtig leid: Der „Roboterjunge“ ist nach dem Wasserschaden vorerst abgesagt, die Vorstellungen sind bis 19. Januar gestrichen. Schauspielerin Mercy Dorcas Otieno, die sich mit viel Herzblut in die Vorstellungen wirft, ist hörbar zerknirscht: „Das ist einfach super schade“, sagt sie. „Wir lieben dieses Stück total, und die Kinder im Zuschauerraum feiern es richtig ab.“ Sie hofft, dass einige der ausgefallenen Vorstellungen im Frühjahr nachgeholt werden können. „Denn das ist ja kein reines Weihnachtsstück, sondern wäre auch noch schön zu Ostern.“
Spontane Feiertage in Kenia
Immerhin: Die Ausfälle bescheren Otieno eine spontane Reise zu ihrer Familie nach Kenia. „Für mich ist das Glück im Unglück“, erzählt sie. „Über Weihnachten fliege ich jetzt zu meinen Eltern nach Nairobi. Meine Mutter weiß noch gar nichts davon, ich bin also die große Überraschung.“ Auf die Festtage freut sie sich sehr: „Wenn die ganze Familie über Weihnachten zusammen kommt, dann sind das immer 15 bis 20 Personen. Das ist schön! Wir gehen gemeinsam zur Messe, danach wird viel gegessen und geredet.“ Außerdem komme man in Kenia zu Weihnachten komplett ohne den ganzen Einkaufsstress aus: „Wir schenken uns nichts, sondern haben einfach eine schöne Zeit.“
Doch nicht das komplette Ensemble hat über die Feiertage frei: Da mit „Iwanow“, „After work“ und „Geister“ im Januar gleich drei Premieren anstehen, sind die meisten Schauspieler gut beschäftigt, berichtet die stellvertretende Intendantin Susanne Winnacker. „Zudem ist es ja gelungen, einige Produktionen aus dem Großen Haus in die Kammerspiele zu verlegen, so dass ein Großteil des Ensembles weiterhin auf der Bühne steht.“
Was wird aus der großen Silvesterparty?
Schauspielhaus und Silvester: Das gehört seit vielen Jahren eng zusammen. Wegen des Wasserschadens steht das Foyer des Großen Hauses diesmal aber nicht als Partyfläche zu Verfügung. Die Party am 31. Dezember wird verkleinert und ins Tanas sowie ins Foyer der Kammerspiele verlegt.
Statt wie üblich 1200 Gäste werden hier an diesem Abend nur etwa 450 Besucher aufs neue Jahr anstoßen können. Die Karten sind mittlerweile vergriffen. Ein Nacheinlass zu später Stunde (wie in früheren Jahren üblich) ist nicht geplant.
Motto: „Wir trotzen dem Wasser“
So gibt es am Mittwoch, 25. Dezember, um 16 Uhr eine weihnachtliche Lesung für die ganze Familie mit Geschichten und Gedichten von Kurt Tucholsky bis Astrid Lindgren in den Kammerspielen, an der u.a. Svetlana Belesova, Jost Grix und Jing Xiang beteiligt sind (Eintritt: 10 Euro, für Kinder bis 14 Jahren frei).
Unter dem Motto „Wir trotzen dem Wasser“ wird auch die Vorstellung von „Iphigenie“ am Donnerstag, 26. Dezember, um 19 Uhr in die Kammerspiele geholt – allerdings in veränderter Form. „Wir können das Bühnenbild nicht verkleinern“, sagt Winnacker. „Die Schauspieler freuen sich aber darauf, zu improvisieren und die Vorstellung ohne Bühnenbild zu spielen. Das wird bestimmt großartig!“ Andere Vorstellungen wie etwa die „Penthesilea“ in die Kammer zu holen, sei indes nicht möglich: „Bei ,Penthesilea’ ist das Bühnenbild eine Art Mitspieler und auch technisch so gearbeitet, dass es weder wegfallen kann noch zu ersetzen ist.“
Kantine schon vor dem Wasserschaden geschlossen
Schwer vom Rohrbruch getroffen wurde die Kantine, bekanntlich das „Herz“ und legendärer Treffpunkt des Theaters. Diese sei allerdings schon vier Wochen vor dem Unglück geschlossen worden, berichtet Susanne Winnacker: „Die Schließung hatte mit dem Wasserschaden gar nichts zu tun, sondern eher damit, dass aufgrund der baufälligen Situation und des heruntergekommenen Zustands der Kantine ein akzeptabler Service für unsere Mitarbeiter kaum noch zu gewährleisten war.“
Der Wasserschaden, der die Kantine nun komplett zerstört habe, gebe dem Theater jetzt die Möglichkeit, gemeinsam mit der Stadt über eine neue, zeitgemäße Lösung nachzudenken: „So seltsam das klingen mag, aber wir haben den Wasserschaden nicht herbeigeführt“, so Winnacker. „Großes Ehrenwort!“