Bochum. Bochum geht sein nächstes ehrgeiziges Bauprojekt an: das „Haus des Wissens“. Am Freitag wählt eine Jury den Sieger aus 15 Vorschlägen aus.

Drei Jahre nach der Eröffnung des Musikforums nimmt Bochum das nächste spektakuläre Bauprojekt in Angriff. Am Freitag (6.) entscheidet eine Fachjury, nach welchem Vorschlag das frühere Telekomgebäude gegenüber dem Rathaus zum neuen „Haus des Wissens“ umgebaut werden soll. 15 Architektenentwürfe liegen auf dem Tisch – zum Teil mit spektakulären Elementen.

Beispiele gefällig: Entwurf Nummer eins besticht mit einem mehrgeschossigen Glaskörper, dessen Form an einen Gasometer erinnert. Er ragt aus der lichtdurchfluteten Markthalle heraus, die im Innenhof des L-förmigen, zwischen 1925 und 1931 errichteten Gebäudes entstehen soll. In Entwurf Nummer zwei steht die Markthalle als solitärer Bau in diamantener Anmutung – sowohl in Form wie auch in Farbe. Entwurf Nummer drei gestaltet sie als terrassenförmiges, ebenfalls lichtes Gebäude, das direkt an das bestehende Haus anschließt. Auch die zwölf anderen Entwürfe des Wettbewerbs warten zum Teil mit bestechenden Ideen auf.

Meinung der Bochumer fließt ins Juryurteil ein

„Es ist eine Kompliment an Bochum, dass sich so viele renommierte Architekturbüros darauf eingelassen haben, in so kurzer Zeit so unterschiedliche Entwürfe vorzulegen“, sagt Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD). Sichtlich begeistert schaute er sich ebenso wie etwa 200 Besucher die eingereichten Entwürfe an. Das Meinungsbild der Gäste, die ihre Eindrücke auf einer „Meinungskarte“ schriftlich hinterlassen und auch einen Namensvorschlag für das „Haus des Wissens“ abgeben konnten, soll in die Juryentscheidung einfließen. „Die Jury ist zwar unabhängig“, wie Julian Chadt vom Projektsteuerer Convis sagt. Aber das Urteil der Besucher, die am Donnerstag viereinhalb Stunden lang die Möglichkeit hatten, sich im großen Ratssaal des Rathauses über alle Entwürfe zu informieren, werde bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt.

Das Objekt der Begierde. 15 Vorschläge für den Aus- und Umbau des Telekomblocks nehmen an dem Wettbewerb teil.
Das Objekt der Begierde. 15 Vorschläge für den Aus- und Umbau des Telekomblocks nehmen an dem Wettbewerb teil. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Von einem „großen Spektrum“ spricht Projektsteuerer Chadt. In vier Entwürfen ist der Eingang am Willy-Brandt-Platz weit geöffnet und das Erdgeschoss tiefer gelegt. Einige Vorschläge sehen vor, die ursprüngliche, historische Fassade wieder herauszuarbeiten und dem Gebäude so eine leichtere, großzügigere Anmutung zu geben. Andere wollen dem Haus mit Sandsteinen oder anderen Elementen eine ganz neue, moderne Optik verpassen. Von einem „dicken Turm“ an der Ecke Willy-Brandt-Platz/Viktoriastraße über ein vollständig mit Glas überbautes Gebäude bis zu einer Variante, in der das „Gebäude mit einem quaderförmigen, kräftigen, 25 Meter hohen Volumen überformt wird“, wie es auf der Info-Tafel zum Entwurf heißt, reichen die Ideen. „Es wird nicht einfach sein, da eine Entscheidung zu treffen. Die Jury ist nicht beneiden“, ist mehrfach bei den Debatten vor dem Schautafeln zu hören.

Maximale Bausumme: 90 Millionen Euro

Das sieht Andreas Große-Holz anders. „Ich wäre gerne dabei“, sagt der frühere Leiter des Technischen Gebäudemanagements. Er ist vor kurzem zurück zur Stadt Dortmund gewechselt, aber weiter höchst interessiert an dem außergewöhnlichen Bauprojekt, das der Rat mit einer Bausumme von 90 Millionen Euro gedeckelt hat. „Ich denke es kommt vor allem auf einem markante Eingangssituation gerade für die Markthalle an“, so Große-Holz. Einen persönlichen Favoriten hat er schon ausgemacht. „Nummer 7“.

Im Innenhof soll die Markthalle gebaut werden. Dafür liegen nun zum Teil höchst unterschiedliche Varianten vor.
Im Innenhof soll die Markthalle gebaut werden. Dafür liegen nun zum Teil höchst unterschiedliche Varianten vor. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Andere wissen zumindest schon einmal, was sie nicht wollen. „Bloß keine Änderung der Fassade“, sagt Georg Puhe vom ADFC. Damit habe Bochum in der Vergangenheit keine guten Erfahrungen gemacht. „Ich sage nur Stadtbadgalerie.“ Einig sind sich aber viele Besucher, die an diesem Nachmittag im Rathaus diskutieren: Der Siegerentwurf sollte vor allem funktional sein und allen Anforderungen gerecht werden, die Volkshochschule, Stadtbücherei, der Uni-Verbund UniverCity und die Markthalle an das Gebäude haben. Und: Es sollte zugleich eine außergewöhnliche, aber keine überkandidelte Optik haben.

2023 soll „veredelter Rohbau“ stehen

„Ich bin gespannt wie die Jury entscheidet“, so OB Eiskirch. Und mit ihm zahlreiche Bochumer. Die große Resonanz auf die erstmals in dieser Form kurz vor der Juryentscheidung organisierten öffentlichen Präsentation lässt auf breites Interesse an dem Projekt schließen. 90 Büros aus ganz Europa hatten auf die Ausschreibung reagiert. Am Ende haben 15 der 25, die für eine Teilnahme in Frage kamen, einen Entwurf eingereicht.

Bochum hat 350.000 Euro ausgelobt

24 Personen gehören der Jury an, die den Sieger des Wettbewerbs kürt. Zum 13-köpfigen Fachpreisgericht gehören neun Architekten aus ganz Deutschland sowie vier Mitglieder der Stadtverwaltung, allen voran Stadtbaurat Markus Bradtke. Im elfköpfigen Sachpreisgericht sitzen Politiker, Experten aus den Bereichen Stadtentwicklung, Handel, Weiterbildung sowie Kulturdezernent Dietmar Dieckmann.

Ausgelobt hat die Stadt bei diesem Wettbewerb insgesamt 350.000 Euro. Allein mit 175.000 Euro wird der Siegerentwurf prämiert.

Bis das „Haus des Wissens“ von den Bochumern genutzt werden kann, werden aber noch einige Jahre ins Land gehen. „Wenn der Sieger des Realisierungswettbewerbs feststeht, benötigen wir noch ein, zwei Jahre für die Planung“ so Projektsteuerer Julian Chadt. „Ende 2023 soll dann der veredelte Rohbau stehen.“ Danach werde der Ausbau in den Absprache mit den einzelnen Nutzern erfolgen.