Bochum-Innenstadt. Studierende der Evangelischen Hochschule haben das verfallene Gebäude am Ostring flott gemacht. Viel ist geplant: etwa Lesungen, Ausstellungen.
Da muss selbst manch alteingesessener Bochumer kurz überlegen: Wo liegt eigentlich der Schwanenmarkt? Jener kleine Platz am Rande der Altstadt direkt an der Kreuzung Ostring / Castroper Straße fristete in den letzten Jahrzehnten ein reichlich trauriges Dasein. Die Trinkhalle, in dem sich die Fußballfans auf dem Weg zum Stadion früher mit Pils eindeckten, ist schon lange verrammelt. Auch um das verkommene Toilettenhaus nebenan machen die Passanten lieber einen weiten Bogen, das Gebäude verfällt seit gefühlten Ewigkeiten.
Doch das muss ja nicht immer so bleiben, dachte sich der Bochumer Künstler und Lehrbeauftragte Matthias Schamp. Gemeinsam mit Studierenden aus mehreren Seminaren der Evangelischen Hochschule (EvH) verwandelte Schamp das Häuschen in den vergangenen Wochen in einen lebendigen Ort für Kunst und Kultur.
Der Schwanenmarkt soll wieder leben! Zur feierlichen Eröffnung am Samstagabend versammelten sich zahlreiche Besucher dicht gedrängt vor dem Gebäude und schauten sich neugierig im Inneren um. Es wird beherzt getrommelt, ein Posaunist untermalt die Eröffnung mit melancholischen Klängen, ehe ein Teil der Mauer zwischen dem ehemaligen Kiosk und dem benachbarten Damen-WC symbolisch und unter großem Beifall eingerissen wird – schließlich ist es der 9. November. Motto: Die Mauer muss weg.
Schwanenmarkt in Künstlerhand
Der Schwanenmarkt ist jetzt also ganz in Künstlerhand. Zumindest bis Ende des kommenden Jahres können die Studenten und Lehrbeauftragten der EvH das Gebäude nutzen. „Was danach passiert, hängt davon ab, was die Stadt mit der Immobilie überhaupt vorhat“, erzählt Helene Skladny, Professorin für Ästhetische Bildung an der EvH. „Aber wir sind guter Dinge und haben auch schon erste Signale erhalten, dass wir das Gebäude womöglich länger nutzen können.“
Der Schwanenmarkt blickt auf eine lange Geschichte zurück
Der Schwanenmarkt unweit des ehemaligen Bochumer Nordbahnhofs blickt auf eine lange Geschichte: Im Jahr 1900 wurde auf dem Platz ein Brunnen angelegt, den der Bochumer Steinmetzmeister Josef Schmidt aus rotem Marmor schuf. Im Volksmund wurde er „Löwenbrunnen“ genannt.
Bis in die 1980er Jahre war der Schwanenmarkt eine wichtige Straßenbahnhaltestelle. Die Linie 8/18 aus Gerthe sowie die 7/17 aus Harpen endete hier. Später wurden sie in die Innenstadt weitergeführt, ehe die Straßenbahn als U-Bahn-Linie unter die Erde gelegt wurde.
Hinter den Studenten liegen derweil Wochen echter Arbeit. Denn bis das verfallene Gebäude wieder besenrein hergerichtet werden konnte, bis es ausgemistet und gestrichen wurde, dauerte es eine Weile. Drei Seminare mit über 100 Studenten waren an dem Aufräumkommando beteiligt. „Was da für ein Müll drin lag, das war schon krass“, berichtet Studentin Pauline. Auch ein Obdachloser habe zunächst noch dort gehaust, aber der sei am nächsten Tag nicht wieder aufgetaucht. „Wir hätten ihn niemals rausgeworfen“, betont ihre Kollegin Michèle. In einer Seminararbeit beschäftigen sie sich jetzt mit der Historie dieses einst belebten Ortes und recherchieren dafür im Stadtarchiv.
Aufbruchstimmung unter den Studenten
Die Arbeit an dem alten Gebäude habe die Studenten tüchtig zusammengeschweißt: „Es gab eine richtige Aufbruchstimmung“, meint Helene Skladny. Und es wurde bei der Renovierung viel improvisiert: Strom gibt es erst seit neuestem, Wasser wurde in Kanistern aus dem befreundeten Kunstmuseum herüber gefahren. „Was hier passiert ist, ist schon ziemlich toll. Aber es war auch wahnsinnig anstrengend“, meint Matthias Schamp. „Jeder hat die Ärmel hochgekrempelt, damit es voran geht.“
Viele Ideen und Pläne gibt es, um das Haus künftig zu nutzen und auch weiter nach außen zu öffnen: „Unser Ziel ist es, einen kulturellen Ort zu schaffen, der in der Stadt wahrgenommen wird und die Bürger mit einbezieht“, sagt Skladny. Geplant sind etwa eine Ausstellung zur Geschichte des Schwanenmarkts voraussichtlich im Frühjahr. Der Kunsthistoriker Stephan Strsembski plant eine Reihe von Gesprächsabenden, die auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein sollen. „Es wird viel passieren“, meint Skladny.