Bochum. Die Geigerin Liv Migdal stellt sich mit Solo-Werken von Bach und Ben-Haim in der Dorfkirche Stiepel vor. Das Publikum dankt mit langem Applaus.

Ein Violin-Rezital, das lange in Erinnerung bleiben wird, boten die Bochumer Bach-Tage in der gut besuchten Stiepeler Dorfkirche. Es gastierte Liv Migdal, der das Publikum langen, dankbaren Applaus spendete.

Migal, 1988 geboren und in Bochum aufgewachsen, ist eine aufstrebende Solistin; sie konzertiert in der Elbphilharmonie ebenso wie in Konzerthäusern in Australien und Israel, und ihre beiden letzten CD-Einspielungen stießen auf wohlwollende Kritiken. Ganz zu Recht wie sich bei Migdals Bochumer Heimspiel herausstellte. Es bedurfte nur weniger Takte, um zu zeigen, was diese junge Geigerin auszeichnet: gedankliche Fokussierung, hohe Gestaltungskraft und die Innigkeit des Ausdrucks.

Abgründige Chaconne

Werke von Johann Sebastian Bach (1685-1750) bildeten den Schwerpunkt. Zunächst die Sonate Nr. 3 C-Dur BWV 1005, ein berühmtes Repertoire-Stücke, von Liv Migdal energisch, wenn auch nicht wirklich aufregend gespielt. Zumal der 4. Satz mit seinen rasenden Notenfluchten war gelungen, nicht poliert und auf Effekt hin angelegt, sondern aus dem Geist der Musik heraus entwickelt. Innig gestaltete die Solistin die abgründige Chaconne aus der Partita Nr. 2 d-moll, ohne Hast sickerten Gefühl und trauriges Empfinden in ihr Spiel ein.

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Die außergewöhnliche technische Meisterschaft ist bei Liv Migdal nie Mittel zum Zweck, vielmehr dient sie ihr als sicheres Fundament für eine schwerelose Intonation, die die Diffizilität der Bach’schen Kompositionen nicht spüren lässt. Wie sehr Migdal durch den Geigenbogen gleichsam zu atmen scheint, das machte aber vor allem der Mittelblock ihres Programms deutlich.

Betörend schön gespielt

Mit der Sonate g-moll op. 44 von Paul Ben-Haim von 1951 stellte sie eine Komposition der Nachkriegsmoderne vor, deren druckvollen, scharfkantigen Sound sie ebenso souverän meisterte wie den nachhallenden Sehnsuchtsklang im 2. Satz. Zumal dieses „lento e soto voce“ war wie mit angehaltenem Atem musiziert, und tatsächlich hielt das Publikum den Atem an, so betörend schön war das gespielt. Selbstverständlicher kann diese Musik kaum klingen. Bravo!

Über die Jahrhunderte hinweg

Wenn man Liv Migdal zusieht, in ihrer natürlichen Bewegtheit des Spiels, aber auch bei ihren Auf- und Abgängen zwischen den einzelnen Partien, dann denkt man: Es gibt offenbar kein Muss für sie, ihr Muss ist allein die Musik, nur ihr fühlt sie sich verpflichtet. Das hochkonzentrierte Publikum war dankbar dafür, so wurde der Abend zur Handreichung einer jungen Geigerin über die Jahrhunderte hinweg.

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