Wattenscheid. Die Stadt Bochum will den Wattenscheider Bahnhof kaufen. Vorgesehen ist dort ein Tunnel zu dem geplanten großen Neubaugebiet in Westenfeld.
Den „Tunneldurchstich“ befürwortete die Bezirksvertretung am Dienstag einstimmig. Damit würde ein zweiter Durchgang zum Bahnhof entstehen, um das künftige Neubaugebiet Westenfeld anzuschließen. Der Tunnel unter den Gleisen soll rund 2,3 Millionen Euro kosten, er soll rund 9 Meter lang und 6 Meter breit sein. Die Stadt rechnet mit einem Förderzuschuss von 90 Prozent.
Das Bebauungsplanverfahren für den Bereich „Wilhelm-Leithe-Weg/Ridderstraße“ soll laut Stadt 2022 abgeschlossen sein, so dass im Anschluss die vorbereitenden Schritte der Geländeaufbereitung und -erschließung durchzuführen wären, damit „das Bauland entsprechend entwickelt sein wird und über den dann bereits fertiggestellten Personentunnel an den Bahnhof angeschlossen werden kann“.
Neun Meter Tunnel kosten weit über zwei Millionen Euro
Die Vergabe und Beauftragung der Ingenieurleistungen seien zwingend noch 2019 durchzuführen. „Grund dafür ist, dass zur Beantragung der Sperrpausen (drei Jahre Vorlaufzeit) bei der Deutschen Bahn am Bahnhof Wattenscheid eine genehmigungsreife Entwurfsplanung notwendig ist. Ansonsten sind der ambitionierte Bauablaufplan und die Fertigstellung des Personentunnels im Jahr 2023 nicht umzusetzen“.
Im Rahmen der „Wohnbaulandentwicklung Wattenscheid“ kommt dem Bahnhof Wattenscheid eine stadtbildprägende Bedeutung zu. Die Stadt Bochum möchte daher das Bahnhofsgrundstück von der Deutschen Bahn kaufen, um die Entwicklungen im Bahnhofsumfeld selbst steuern zu können.
Erschließung des geplanten Neubaugebietes
Mit dem 2012 zwischen der Deutschen Bahn, dem Land NRW und den Kommunen vereinbarten „3. Empfangsgebäudepaket NRW“ wurde und wird das Ziel verfolgt, bisherige Bahnhofsgebäude, die für den Bahnbetrieb nicht mehr benötigt werden, zu verkaufen und einer Nachfolgenutzung zuzuführen. Zu diesem Paket gehört auch der Bahnhof Wattenscheid, der derzeit endlich modernisiert wird. Er wurde bereits 2007 durch die Bahn zum „Haltepunkt ohne Weichen, Überhol- und Abstellgleis“ zurückgebaut. Die Bahn kann deshalb auf das Empfangsgebäude sowie den Vorplatz mit Bike+Ride-Anlage grundsätzlich verzichten, der Zugang zu den Gleisen muss natürlich dauerhaft erhalten bleiben.
Durch die Beteiligung am dritten Empfangsgebäudepaket haben die Kommunen ein Vorkaufsrecht an den Bahnhofsgebäuden. Mit der Beteiligung ist auch eine Verkehrswertermittlung durch einen neutralen Gutachter verbunden. Auf Basis dieser Wertermittlung hatte die Stadt Bochum noch 2015 einen Verzicht auf das Vorkaufsrecht erklärt. Erst mit den laufenden städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen und Planungen in Wattenscheid trat der Bahnhof wieder in den Fokus. Die Bahn hatte ihrerseits einen Verkauf an private Dritte nicht mit der letzten Konsequenz weitergeführt, so dass die Stadt nunmehr selbst ein Kaufinteresse bekundete.
Bahnhofsumfeld soll aufgewertet werden
Im Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) Wattenscheid werden die städtebauliche und funktionale Aufwertung der Wattenscheider Innenstadt, die Erneuerung des Bahnhofsumfelds und die Verbesserung des Wohnbaubestandes als übergeordnete Ziele formuliert. Der Bahnhof selbst ist zwar nicht im ISEK verankert, soll aber seiner Bedeutung entsprechend als „moderner, intermodaler Verkehrsknotenpunkt“ aufgewertet werden. Ziele sind u.a. Aufwertung des Vorplatzes, Gestaltung des Bahnhofsumfelds als Stadtteil-Entree, bauliche Instandsetzung und gestalterische Aufwertung des Bahnhofsgebäudes sowie Optimierung der Erreichbarkeit für ÖPNV, Fußgänger und Radfahrer.
Riesengelände wird erschlossen
Zudem besitzt die Baulandentwicklung in Wattenscheid außerhalb des ISEK eine hohe Priorität. Für die Teilräume An der Papenburg/Berliner Straße, „Zweistromland“ (zwischen A40 und Bahngleisen) und Wilhelm-Leithe-Weg/Ridderstraße liegt inzwischen das Strukturkonzept „Baulandentwicklung“ vor, das vom Flächenpool NRW in enger Abstimmung mit der Stadt Bochum erstellt wurde.
Während für die ersten beiden Teilräume die Optimierung der Bestandsnutzung im Vordergrund steht, bietet der dritte Bereich (Wilhelm-Leithe-Weg/Ridderstraße) neben Gewerbe, Büro- und Dienstleistungsflächen weiteres Entwicklungspotenzial für die Wohnbaulandentwicklung Wattenscheids. Dabei kommt dem Bahnhof Wattenscheid laut Stadt „eine strategisch wichtige Funktion“ zu – vor allem als stark frequentierter Verkehrsknotenpunkt. Zudem wird durch den geplanten Tunneldurchstich nach Süden eine fußläufige Verbindung ermöglicht. Aufgrund seiner Bedeutung „als Verbindungselement und Eingangstor“, so die Stadt Bochum, möchte sie nunmehr den WAT-Bahnhof kaufen.
Über 800 Wohnungen sind in „Nord“ geplant
Im Rahmen der „Wohnbaulandentwicklung Wattenscheid“, die Anwohner kritisieren, soll durch die südliche Verlängerung des Personentunnels am Bahnhof das Umfeld mit dem geplanten Neubaugebiet „Wilhelm-Leithe-Weg Nord“ – das durch die „NRW.Urban Kommunale Entwicklung GmbH“ entwickelt wird – fußläufig angebunden werden. Der Bahnhof soll in südliche Richtung durch einen Tunneldurchstich zum neuen Quartier hingeöffnet werden und als Fußgängerverbindung in das Quartier dienen.
Zudem ist geplant, südlich der Gleise im Anschluss an den Bahndamm in einem ca. 20 Meter breiten Grundstücksstreifen, der später auch als Abschirmungsgrün fungieren soll, den Fuß- und Radweg „Fröhliche Morgensonne“ weiterzuführen bzw. auszubauen.
Stadt will Bahnhofsgelände kaufen
Für beide Maßnahmen (Tunneldurchstich und Radweg) sind Bahnflächen erforderlich. Die Bahn ist laut Stadt bereit, die betroffenen Flächen, rund 7000 qm, an die Stadt zu verkaufen.
Das gesamte geplante Neubaugebiet Wilhelm-Leithe-Weg/Ridderstraße soll durch die „NRW.Urban Kommunale Entwicklung GmbH“ entwickelt werden. Ein entsprechender Entwicklungsträger-Vertrag, mit dem die Gesellschaft als Treuhänder der Stadt Bochum mit der weiteren Vorbereitung und Durchführung der Baugebietsentwicklung beauftragt ist, wurde laut Stadt bereits geschlossen. Im Bereich „Südliche Innenstadt Wattenscheid“ biete sich „somit die Möglichkeit, in großem Umfang dringend benötigtes Bauland für Wohnen und Gewerbe zu entwickeln und gleichzeitig eine deutliche städtebauliche Aufwertung im Bahnhofsumfeld sowie dem so genannten Zweistromland zu realisieren“.