Bochum. Nur wenige wissen, dass sich in unmittelbarer Nähe zum Knotenpunkt Wittener Straße/Nordhausenring ein Friedhof befindet. Mit nur fünf Grabstellen.
Tag für Tag fahren viele tausend Auto- und Lkw-Fahrer an einem Friedhof vorbei, ohne zu wissen, dass es ihn überhaupt gibt. Unmittelbar an der Abfahrt des Nordhausenrings auf die Wittener Straße liegt der uralte Friedhof Laer. Niemand kann ihn von der Straße aus sehen, weil er versteckt hinter uraltem Baumbestand und oberhalb der Fahrbahnen liegt.
Es ist Bochums wohl unbekanntester und kleinster Friedhof. Es gibt weder eine Trauerhalle noch Aufbahrungsräume. Ein Platz wie aus einer anderen Zeit – und dies mitten in der lauten Hektik des Großstadtverkehrs, direkt an einem Knotenpunkt.
Friedhof wurde 1886 eröffnet und 1934 geschlossen
Innerhalb der Abfahrt des Nordhausenrings auf die Wittener Straße führt ein Fußweg auf den Friedhof. Wer noch nie dort war, denkt im ersten Augenblick, er betrete einen sehr kleinen Park.
So wird er heute auch überwiegend genutzt: Vor allem Hundehalter drehen dort ihre Runde, ab und zu sitzt auch jemand zur Muße auf einer Bank, obwohl der starke Kraftverkehr so viel Krach macht wie an einer Autobahn. Doch in diesem Mini-Park stößt der Besucher dann auf fünf Grabstellen, die teilweise völlig vereinzelt liegen.
„Ewiges Bestattungsrecht“
Der städtische Friedhof Laer wurde 1886 für die Laerschen Bürger eröffnet, sagt Peter Dittert, bei der Stadt für die Friedhöfe zuständig. Bis zur Schließung im Jahr 1934 wurde dort regelmäßig bestattet. Später gab es nur noch Beerdigungen nach einem „ewigen Bestattungsrecht“, das vor dem 2. Weltkrieg vergeben worden war.
Gedenkstätte für Opfer des Ersten Weltkrieges
Auf dem Friedhof befindet sich auch eine Gedenkstätte für die Opfer des Ersten Weltkrieges. „Zu Ehren ihrer gefallenen Söhne. Die Gemeinde Laer“, steht dort in Stein gemeißelt. Es folgen, nur noch extrem schwer lesbar heute, die vielen Namen der Verstorbenen.
Insgesamt gibt es in Bochum sieben Friedhöfe, die bereits geschlossen sind. Dort können nur noch Beerdigungen im Rahmen von Ehegatten-Zusammenführungen und ewiger Nutzungsreche stattfinden.
Zum Beispiel ein Mitglied einer Familie Müller wurde auf dem Friedhof Laer am 22. Januar 1947 zur letzten Ruhe gebettet, wie der Besucher noch heute auf einem Grabstein erfährt. Das war die vorletzte Beerdigung dort, jedenfalls die vorletzte erkennbare. Die bisher letzte fand noch am 29. Oktober 2003 statt. Ein Pfarrer einer Gemeinde aus Herne wurde in einer großen Familiengruft beerdigt. Er war 75 Jahre alt geworden, steht auf der Grabplatte.
Der Ewigkeit wurde nach dem Krieg aber Grenzen gesetzt. 1956 beschloss der Rat der Stadt Bochum , dass die ewigen Bestattungsrechte nur noch 100 Jahre gelten. Folglich kann noch bis 2056 jemand dort beerdigt werden, der diese Rechte besitzt. Rechnet man die üblichen Ruhezeiten von 25 Jahren hinzu, kann der Friedhof frühestens erst im Jahr 2081 entwidmet werden.
Umbettungen für den Bau der NS7
Das ist aber nicht die einzige Besonderheit dort. Bereits 1961, im Zuge des Baus der NS7 („Nord-Südstraße“, der heutige Sheffield- und Nordhausenring) für das damals nagelneue Opel-Werk waren auf dem Friedhof mehrere Umbettungen erforderlich. Es musste Platz geschaffen werden für die Ausfahrt NS7/Wittener Straße. Die Verstorbenen wurden auf andere Friedhöfe erneut beigesetzt.
Grabanlage unter Denkmalschutz
Eine weitere Besonderheit ist auch eine Grabanlage, die unter Denkmalschutz steht. Sechs junge Männer – der jüngste wurde gerade einmal 18 Jahre – liegen dort. Es sind Opfer des nationalistischen Kapp-Putsches von 1920. Darunter befindet sich auch Karl Schluck, Führer der „Arbeiterwehr Laer“.