Mit drei Premieren startet das Schauspielhaus Bochum in die Saison 2019/20. Man darf sich auf die Rückkehr einer renommierten Regisseurin freuen.

Das Schauspielhaus geht mit drei Neu-Produktionen in die Spielzeit 2019/20. Als erstes hat Ödon von Horváths Klassiker „Geschichten aus dem Wiener Wald“ Premiere. Die renommierte Regisseurin Karin Henkel nimmt sich des so poetischen wie politischen Dramas an.

Geschichten aus dem Wiener Wald

Aufbrechende Brutalität, Radikalisierung von politischen Positionen, Verlust menschlicher Beziehungen - Horváths Drama von 1931 weist manche Parallele zur Jetztzeit auf. „Es ist ein spannende literarische Form, nicht so weit weg von den Entwicklungen heutzutage“, befindet Chefdramaturg Vasco Boenisch. Man woll den 30er-Jahre-Bezug zu rechtsnationalen Tendenzen nicht brachial herstellen, aber Fingerzeige in Jetzt seien beabsichtigt. Einen „Spagat zwischen düster und surreal, dabei theatralisch und fantasievoll“, stellt Boenisch in Aussicht.

Scheitern am Glück

Böser Witz und eine pointierte Sprache zeichnen den „Wiener Wald“ aus, aber es stirbt auch ein Kind, eine Frau geht zugrunde, Menschen scheitern am Glück: das kann man nicht weginszenieren. Und so bleibt es auch für Karin Henkel ein hartes Stück, ein hartes Thema gleichwohl.

Hier gibt’s Karten

Für die Vorstellungen aller drei Auftaktpremieren „Geschichten aus dem Wienerwald“, „Dying Together“ und „Hydra“ gibt es noch Karten. Ticket-Hotline 0234 3333 5555.

Das Kassen-Foyer des Schauspielhauses, Königsallee 15, ist montags bis samstags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Die Regisseurin, die nach 16 Jahren ans Schauspielhaus zurückkehrt, zählt zu den gefragtesten Bühnenkünstlern unserer Tage. Sie steht für ein Theater, das auf die visionäre Kraft und auf die Kraft der Schauspieler setzt. Thomas Anzenhofer, Mourad Baaiz, Marina Galic, Gina Haller, Marius Huth, Karin Moog, Bernd Rademacher und Ulvi Teke stellten sich dem speziellen „Horváth-Sound“, bieten aber kein auf den Entstehungshintergrund „Wien“ bezogenes Volkstheater. Die musikalische Untermalung (Lars Wittershagen) erfolgt durch moderne Kompositionen, Schrammel-Musi ist nicht zu erwarten.

Premiere 3. Oktober, 19 Uhr, Großes Haus. Aufführungsdauer 2:10 Stunden mit Pause.

Dying Together

Mit „Dying Together“, der zweite Premiere, geht das Schauspielhaus ein Experiment ein. Es handelt sich nicht um ein Schauspiel, sondern um ein Gefühls- und Gedankenexperiment, in das das Publikum einbezogen wird. Die niederländische Regisseurin Lotte van den Berg lässt die Grenzlinie zwischen psychologischer Sitzung und Theateraufführung verschwimmen, indem sie die Frage stellt, ob Menschen ein besonderes Verhältnis zueinander eingehen, wenn sie einen gemeinsamen Tod erleben?

Exemplarische Katastrophen

Exemplarisch wird das an Katastrophen wie dem mutwillig herbeigeführten Absturz des Germanwings-Flugzeugs oder dem Attentat auf den Bataclan-Club in Paris durchgespielt: „Das Ganze basiert auf der psychoanalytische Praxis der Familienaufstellung“, erläutert Dramaturg Tobias Staab.

Dabei werden Strukturen im Beziehungsgeflecht von Menschen frei gelegt, Energie entstehen, verschiedene emotionale Phasen werden durchlaufen. Man sollte für die Vorstellungen von „Dying Together“ Offenheit mitbringen, denn hier wird nichts vorgeführt, vielmehr werden die Besucher Teil des performativen Spiels und mit den eigenen Gefühlen konfrontiert, die während des Spiels aufkommen.

Welturaufführung am 4. Oktober, 19.30 Uhr, Spieldauer: 2:30 Stunden anschließend Nachbesprechung zwischen Regie, Schauspielern und Publikum.

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Die Hydra

Als dritte im Premieren-Bund rückt „Die Hydra“ ihr schauriges Haupt. Tom Schneider bringt den gleichnamigen Text von Heiner Müller als Get Together der Darsteller Sandra Hüller, Moritz Bossmann, Michael Graessner und Sandro Tajouri, die gleichzeitig als Musiker agieren, auf die Bühne. „Die Hydra ist ein Wesen mit vielen Köpfen, und so ist auch die Inszenierung ein Zwitterstück“, sagt Tom Schneider, der mit der szenischen Einrichtung von „Bilder Deiner großen Liebe“ in der letzten Spielzeit einen veritablen Hit abgeliefert hat.

Tom Schneider inszeniert Heiner Müllers „Die Hydra“.
Tom Schneider inszeniert Heiner Müllers „Die Hydra“. © JBS

Auch bei seiner Heiner-Müller-Adaption gibt es neben Textanteilen viele Komponenten von Musiktheater, performative Elemente rücken die im Text thematisierte Beschäftigung mit dem Phänomen des „Herakles“ als dem „ersten Arbeiter“ der Menschheitsgeschichte in den Blickpunkt.

Die Arbeit geht immer weiter

Tenor: Die Arbeit geht immer weiter. Auch wenn sie zu Ende ist. Nicht zuletzt ist dem Regisseur aber auch daran gelegen zu zeigen, auf welche „kraftmeierische Weise der Mensch mit der Natur umgeht“.

Premiere 11. Oktober, 19.30 Uhr, Kammerspiele. Aufführungsdauer 1:30 Stunden, keine Pause.