Bochum. Das Bochumer Kunstmuseum startet mit zwei Ausstellungen in die Herbstsaison. Unbekanntes aus Israel trifft auf Bochumer Bekannte.
Mit zwei sehr unterschiedlichen Ausstellungen startet das Kunstmuseum in den Herbst: „Family Stories“ (bis 26. Januar 2020) präsentiert zeitgenössische Kunst aus Israel, „(Crashtest) Europa“ (bis 10. November) bietet eine Übersicht über aktuelle Positionen im Bochumer Künstlerbund.
Hintergründig und verspielt
Die Werkschauen lassen sich nicht vergleichen, zu abweichend sind Anlass und Ausführung der Expositionen, zumal beide nicht „im Vorübergehen“ konsumierbar sind. Gezeigt wird Kunst mit Widerhaken, mal dezidiert politisch, mal hintergründig verspielt. Immer aber ist der Betrachter gefordert, seine eigenen Stimmungen zu Themen der Zeit hinterfragen zu lassen.
Vernissagen am Samstag
Beide Ausstellungen - „Family Stories“ und „(Crashtest) Europa“ - werden zeitgleich am Samstag, 21. September, um 17 Uhr im Kunstmuseum, Kortumstraße 147, eröffnet.
Schon ab 15 Uhr bietet das Museum einen kostenlosen Familiennachmittag in den Ausstellung an.
Das gilt vor allem für die israelische Kunst, die zwar auf europäischen Traditionen wie dem Surrealismus aufbaut, aber aufgrund der seit 70 Jahren herrschenden Spannungen zwischen Juden und Arabern eine ureigene Ausprägung erfahren hat. Der Titel „Family Stories“ ist doppelbödig: Einmal spielt „Familie“ im jüdischen Glauben eine wichtige Rolle, zum Anderen versteht sich der Staat Israel selbst als „Familie“, der den über die Welt verstreuten Juden Heimat bietet.
Erinnerungen an die Kindheit
Mit kreativem Blick auf ihre Familien reflektieren acht israelische Gegenwartskünstler ihren sehr persönlichen Standpunkt innerhalb der Gesellschaft. Dem Individuellen wird gegenüber allgemeinen Bezügen der Vorzug gegeben, was eine kunstgerechte Bewertung nicht immer leicht macht. So setzt sich Michael Kovner, Sohn des Lyrikers und Widerstandskämpfers gegen Nazi-Deutschland, Aba Kovner, mit den Traumata seines Vaters und das davon geprägte Vater-Sohn-Verhältnis in einer Graphic Novel auseinander.
Auch Zoya Cherkasskys Bildthemen bestimmen Kindheitserinnerungen: Farbintensiv malt sie den Alltag in Russland, woher viele Einwanderer nach Israel kamen. Diese Gemälde sind einnehmend, weil hinter ihrer scheinbar einfachen Farbigkeit eine trübe Melancholie lauert. Ansichten der Außenwelt werden zu Spiegelungen des Inneren; ein ähnlicher Ansatz wie damals bei Edward Hopper.
Karam Natour dagegen entwickelte nach dem Tod des Vaters mit seiner Mutter und seinem Zwillingsbruder performative Videos, die als gemeinsame Trauerarbeit deutbar wäre – und dabei so skurril wirken wie weiland die Filme von Buñuel.
Künstlerbund setzt auf Abwechslung
„(Crashtest) Europa“ des Bochumer Künstlerbundes versammelt neben arrivierten Kräften Künstler, die vergleichsweise neu im BKB sind und mit ihren Arbeiten noch nicht allzu oft zu sehen waren. Das sorgt für Abwechslung, tatsächlich gleicht die Schau einer großen, bunten Tüte: Malerei steht neben Videokunst, Readymades gesellen sich zu Objekthaftigem, Grafik trifft Fotografie.
Das übergeordnete Thema „Europa“ mag einem leicht willkürlich vorkommen, die Aussage- und Spannkraft der präsentierten Kunstwerke beeinträchtigt das aber nicht.