Bochum-Langendreer. Bochum historisch: Die Alte Bahnhofstraße in Langendreer hat immer wieder ihr Gesicht verändert. In den 80ern hatte sie einen abgerockten Charme.

Dieser Tage tauchte unvermittelt eine Schwarz-Weiß-Aufnahme aus Langendreer auf (Foto oben): Sie zeigt die Alte Bahnhofstraße Mitte der 1980er Jahre. Und obwohl der Schnappschuss nur einen Augenblick einfriert, entstehen vor dem geistigen Auge plötzlich viele Erinnerungen an den „Alten Bahnhof“, wie er einmal war.

Langendreer-West vor 30, 40 Jahren, das war ein Viertel im Wandel. Die industrielle Vergangenheit, für die neben der Eisenbahn die Zeche Mansfeld († 1963) stand, wirkte noch nach. Colonia- und Frenkingstraße waren unheimliche Gegenden. Überhaupt war das Stadtbild in die Jahre gekommen, der Straßenbelag rissig, viele der Häuser hatten ihre besten Jahre hinter sich.

Namensherkunft

Die Alte Bahnhofstraße zwischen Haupt- und Ümminger Straße hieß früher Kaiserstraße; sie führt heute weiter bis zuµm Langendreerer Markt.

Ihr Name erinnert an den ersten, 1860 bis 1908 in Betrieb gewesenen Bahnhof von Langendreer der Bergisch-Märkischen Eisenbahn.

Der „Alte Bahnhof“ war seit je eng bebaut und dicht besiedelt, aber in den 80ern drängten auch immer mehr Studenten auf den Kiez, der gerade wegen seines abgerockten Charakters Anziehungskraft hatte.

Kohleheizung im Altbau

120 DM kostete die Altbau-Miete am „Stern“ für eine Zweizimmer-Wohnung. Die Fenster waren mit Kitt abgedichtet, im Winter legte man Decken auf die Fensterbank. Geheizt wurde mit Kohle; Klos auf dem Flur.

Wenn man an jene Zeiten zurückdenkt, fällt einem sofort die pulsierende Lebendigkeit des Viertels ein. Es war immer was los. Die Alte Bahnhofstraße zwischen Lutherkirche und der Appel-Disko Ecke Ümminger Straße florierte. Das Foto oben gibt einen guten Eindruck von dem Geschehen damals. Die meisten Geschäfte sind heute längst verschwunden: der Lebensmittel-Discounter Deschauer und das Modehaus Dieler, Tapeten Lindemann und das Reisebüro Bahc.

Konzerte in der Post

Unvergessen sind der Fleischwaren-Laden Schepmann (nur abgepackte Ware in Kühltruhen!), das Schreibwarengeschäft Lohfink und das Café Kaßmann am „Stern“. Im alten „Reichshof“-Hotel konnte man im Gastraum Billard spielen, gleich nebenan in der Alten Post (Ecke Leifacker) Kultur genießen. Der persische Maler Farhad Sephazad hatte hier sein Atelier, und es fanden Konzerte mit dem Jazzer/Performer Heiner Hank statt.

Die Alte Post an der Ecke Alte Bahnhofstraße/Leifacker.
Die Alte Post an der Ecke Alte Bahnhofstraße/Leifacker. © Eberhard Franken

Bald gingen diese Zeiten des Übergangs zu Ende. Der „Alte Bahnhof“ veränderte sein Gesicht, der Umbau des Stadtbildes begann. Nicht nur die Post und der Reichshof wurden abgerissen und durch gesichtslose Neubauten ersetzt. Die Schnellbus-Linie 355 nach Bochum-Mitte fuhr nicht mehr länger, nachdem der S-Bahnhof Langendreer-West eröffnet worden war.

Verkehrsberuhigt am „Stern“

Der „Stern“ wurde umgestaltet, die „Verkehrsberuhigung“ überall vollzogen.

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Der Zustimmung zum Wohnquartier hat das keinen Abbruch getan. Jede Stadt, jedes Viertel muss sich verändern, um weiter zu leben. Der „Alte Bahnhof“ ist heute noch ein Kiez mit eigenem, leicht rauem Charme, und die Menschen leben gerne hier. Man sieht es bei „Bänke raus!“. Es kann noch so viel los sein in der Umgebung, bei diesem Bürgerfest herrscht jedes Mal Hochbetrieb.