Bochum. Nicht nur die Bochumer Eisenhütte spürt die Folgen sinkender internationaler Nachfrage. Die Produktion Bochumer Industriebetriebe ist gesunken.
Die Stimmung ist gedrückt an der Klosterstraße im Bochumer Gleisdreieck. Und sie ist binnen weniger Monate gekippt. „Anfang des Jahres haben wir noch Leute eingestellt und die Azubis wurden auch übernommen“, sagt Maurice Bisnauthsing, Betriebsratsvorsitzender der Bochumer Eisenhütte. Acht Monate nach dem verheißenden Jahresbeginn befindet sich das Traditionsunternehmen im Krisenmodus. „Damit haben wir überhaupt nicht gerechnet.“
Dass die Hälfte der gut 130-köpfigen Belegschaft bis spätestens Anfang 2020 ihre Arbeit verliert – 42 Anfang Oktober und weitere 20 zu Beginn des nächsten Jahres, war vor wenigen Monaten nicht nur kaum abzusehen. Sie ist nach Einschätzung von unabhängigen Beobachtern auch – zumindest zum überwiegenden Teil – nicht hausgemacht. „Viele Aufträge sind weggebrochen“, sagt der Betriebsrats-Chef.
Nachfrage ist eingebrochen
Auch der 35-jährige gelernte Industriemechaniker, der seit 2007 bei der Eisenhütte arbeitet und schon einige schwere Zeiten erlebt hat, hat die Faust in der Tasche. „Dass die Stimmung bei uns derzeit nicht gut ist, ist doch klar.“ Nicht zuletzt die US-amerikanische Außenpolitik habe dem Unternehmen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das gerade erst aufgebaute und offenbar gut gehende Iran-Geschäft sei nahezu zum Erliegen gekommen. „Wir haben Aufträge, da geht es um Millionen“, sagt Maurice Bisnautsing. „Aber wir können sie nicht abwickeln. Und auch der Brexit macht uns zu schaffen.“
Ob die Situation der Eisenhütte exemplarisch sein könnte für weitere Bochumer Unternehmen, darüber möchte der Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände (AGV), Dirk W. Erlhöfer, nicht spekulieren. „Ich halte auch nichts davon, eine Krise wie die 2008/2009 herbeizureden. Aber wir müssen uns darauf einstellen, dass die Party vorbei ist.“ Dass nicht die Konjunktur allein, „sondern von Menschen beeinflusste Entwicklungen dies mitverursachen“, sei besonders ärgerlich. Und: „Dass das auf die Dauer nicht ohne Folgen bleibt, liegt auf der Hand.“
Skepsis wächst
Schon die jüngste Konjunkturumfrage der AGV Ruhr/Westfalen hatte ergeben, dass es sich trotz zum Teil weiter guter Zahlen über dem Konjunkturhorizont verdunkelt. „Robuste Zahlen, aber die Skepsis wächst“, hieß es im Juli. Vor allem die Leitbranche Elektro und Chemie, Letztere spielt in Bochum indes kaum eine Rolle, zeigten Anzeichen einer Rezession, so Erlhöfer.
Zwei Werke in einer Stadt
1954 hat die Bochumer Eisenhütte, damals als reiner Bergbaulieferant im Besitz der Familie Heintzmann, das Werk an der Klosterstraße bezogen. Sie ist heute ihrer einziger Standort.
1974 war noch das Werk an der Bessemerstraße hinzugekommen, das ehemals Teil der „Stahlindustrie“ des Bochumer Vereins und später der Deutschen Edelstahlwerke AG war. Beide Standorte sind auch heute noch im Heintzmann-Besitz. Heintzmann hat die Eisenhütte Anfang 2017 an den damaligen Manager und heutigen Inhaber Rüdiger Oostenryck verkauft.
Die jüngsten Wirtschaftsdaten scheinen das zu bestätigen. Um 1,2 Prozent ist die Produktion der NRW-Industrie im ersten Halbjahr 2019 gesunken, in Bochum gar um 6,4 Prozent. 121 Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes und des Bergbaus haben nur noch Produkte im Wert von 1,7 Milliarden Euro statt 1,82 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2018 erzeugt.
Vorbereitet sein auf den Abschwung
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Alarmierende Zahlen, die nach Einschätzung von Dirk W. Erlhöfer aber nicht zu Panik verleiten sollten. „Wir müssen die Ergebnisse der nächsten Konjunkturumfrage abwarten.“ In jedem Fall sollten alle Beteiligten aber auf eine Abschwungphase vorbereitet sein: „der Gesetzgeber ebenso wie die Tarifpartner“.
Derweil hoffen sie an der Klosterstraße im Gleisdreieck, dass es nach der anstehenden Halbierung der Belegschaft in ein, zwei Jahren wieder aufwärts geht. „Wir haben uns als Nischenanbieter gut etabliert und glauben an unsere Chance“, sagt Eisenhütten-Betriebsratschef Maurice Bisnauthsing.