Bochum. Der Bochumer Filmemacher Christoph Böll feiert 70. Geburtstag. Der Neffe von Heinrich Böll hat seinen ureigenen künstlerischen Stil gefunden.
Christoph Böll, Bochumer Filmemacher mit Wohnsitz im Ennepe-Ruhr-Kreis, kann auf eine lange künstlerische Wegstrecke zurückblicken. Dieser Tage wurde der Filmemacher 70.
Böll und Bochum, das ist eine lange Geschichte. Der gebürtige Kölner, Neffe des Literatur-Nobelpreisträgers Heinrich Böll, kam in den 1970er Jahren als Student nach Querenburg. An der Ruhr-Uni kam er mit dem Studienkreis Film in Kontakt; eine lebenslange Liebe zum Kino, zu den Bildern im Allgemeinen, war geboren.
Nach Außen bringen
„Ich war gar nicht ein so großer Cineast“, blickt Christoph Böll zurück, „aber mit jedem Film, den ich sah, wurde mir mehr und mehr klar, dass ich meinen eigenen würde drehen müssen.“ Die Bilder im Kopf, die ihn beschäftigten, wollte er nach Außen bringen.
1983 war es soweit. Böll reüssierte mit „Der Sprinter“, ein schräges Oeuvre mit erstaunlichem Plot. Der junge, schwule Wieland gibt seiner Mutter zuliebe sein Leben als tanzbegeisterter Schöngeist auf, um in der Welt des Sports ein „ganzer Kerl“ zu werden. Der Spielfilm ist eine schwarze Komödie, die sich ironisch mit Rollenbildern, Normalitäts-Auffassungen und dem Leistungssport auseinandersetzt.
Gedreht in Bochum
Gedreht wurde u.a. in Langendreer und in Wattenscheid. Als „interessantes Zeitdokument, nach wie vor witzig, unterhaltsam und böse“ klassifiziert der Regisseur sein von der Kritik gelobtes Debüt heute. Und räumt doch ein: „Reich geworden bin ich damit nicht.“
Ohne Klischees
Die Welt sehend zu erfassen, sie durch sein künstlerisches Auge „laufen“ zu lassen, um sie dann verändert zu präsentieren - das blieb Christoph Bölls Leidenschaft. Und seine Kunst. Er verlegte sich später auf Dokumentarfilme, allerdings ohne die üblichen gestalterischen Klischees des Genres zu wiederholen. Vor allem Bölls poetischer Blick und sein Vermögen, als Kameramann, Cutter und Drehbuchautor in Personalunion Langsamkeit zuzulassen, machen seine Filme unverwechselbar.
Ob das Langzeit-Projekt „Sehenden Auges”, eine Hommage an den Kunsthistoriker Max Imdahl, oder das einfühlsame Porträt der Malerin Milein Cosman, ob die Reportage „Sturmgeschichten” über die verheerenden Auswirkungen des Orkans Ela in Düsseldorf oder die filmische Erkundung des Walzwerks von Thyssenkrupp („Sinnlichkeit Stahl“) – immer müssen sich die Betrachter auf Bölls Erzählstil einlassen.
Keine schnellen Schüsse
„Ich bin Dokumentarfilmer durch und durch, also kein Mann der schnellen Schnitte, Schüsse und Schlüsse“, sagt der Regisseur.
Eine wichtige Begegnung in Christoph Bölls Leben war die Freundschaft mit Hänner Schlieker, er besuchte den Künstler in dessen Atelier und dessen Wohnung. Es entstanden filmische Tagebücher, die nah am Menschen Schlieker, aber auch an den Finessen seines kreativen Schaffensprozesses als Künstler des Informel dran war. „Ätzen ist eine heilige Handlung“, heißt einer der Streifen, der Atelierbesuche und -gespräche mit dem 2004 verstorbenen Bochumer Maler dokumentiert.