Bochum. Das internationale Netzwerk Attac hält seine Sommerakademie in Bochum ab. Im Rahmen dieser organisiert es mit dem Bündnis Radwende eine Demo.
Eine Menschentraube hat sich vor dem Mercedes-Händler an der Universitätsstraße versammelt. „Fahrräder statt SUV!“, ruft die Menge, nach unten gereckte Daumen und schrilles Geklingel unterstützen die Nachricht. Boris vom Netzwerk „attac“, das die Aktion zusammen mit dem Radwende-Bündnis auf die Beine gestellt hat, macht klare Ansagen durchs Megafon.
Die Gruppe läuft schließlich weiter in Richtung Schauspielhaus. Nun formiert sie sich: Vier große Rahmenkonstruktionen aus Bambus, auch „Gehzeug“ genannt, sollen schließlich im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.
Etwa 300 Personen nehmen an Parade teil
Die Aufgabe des Gehzeugs ist, den Platzbedarf eines Autos im Straßenverkehr im Vergleich zu dem eines Fußgängers oder Radfahrers zu illustrieren. Die Rahmen in der Größe eines durchschnittlichen Pkw werden getragen, sodass deutlich wird, dass bequem sechs Personen anstelle des Wagens auf der Straße Platz hätten.
Was jedoch fast auffälliger ist, sind die ungefähr 300 Teilnehmenden, die dem Gehzeug mittlerweile folgen. Das zeigt Wirkung: Wer mit dem Auto in den Zug gerät, muss ausharren. Für Busse wird allerdings Platz gemacht, sie werden bejubelt und beklatscht. Nicht alle sprechen sich jedoch radikal gegen das Auto aus: Eine Teilnehmerin kritisiert das Ausbuhen von Vorbeifahrenden, eine andere bemerkt, dass ein Auto manchmal einfach nützlich ist.
Radwende-Bündnis ist lokaler Partner
In der Parade sind Menschen aus den unterschiedlichsten Städten vertreten, da gerade die jährliche Attac-Sommerakademie in der Erich-Kästner-Gesamtschule stattfindet. Im Rahmen dieser wurde die Aktion größtenteils vorbereitet.
Aufgrund der aktuellen Kampagne „Einfach.umsteigen: Klimagerechte Mobilität für alle“ ist das Organisationsteam auf das junge, aber rührige Bündnis Radwende zugekommen, um einen lokalen Partner ins Boot zu holen. „Themen wie Klimawandel und Mobilitätswende werden bundesweit diskutiert. Das ist gut – aber die konkrete Arbeit muss auf kommunaler Ebene stattfinden“, sagt Martin Krämer. Er ist einer der Mitbegründer der Radwende.
Attac nutzt versammelte Mitstreiter für Aktionen
Dabei greiftAttac unter die Arme, zumindest, was die lokale Präsenz angeht. „Die Sommerakademie bedeutet viel Input. Wir planen währenddessen aber immer eine Aktion, auch, um zu nutzen, dass sich mehrere hundert ‚attacies‘ auf einem Fleck befinden“, sagt Pressesprecherin Frauke Distelrath.
Doch auch auf anderem Weg haben Menschen zur Demo gefunden: Die Hernerin Gudrun Cardella etwa hat davon von ihrer Freundin gehört. „Heute ist der erste Tag meiner Rente“, sagt sie. „Es ist toll, gleich an so etwas Sinnvollem teilnehmen zu können.“ Sie selber hat kein Auto, sondern greift auf das Rad oder im Notfall auf Taxis und Autos von Freunden zurück.
Breites Bildungsangebot auf Attac-Sommerakademie
Die Straßenaktion ist Teil der Attac-Sommerakademie, die schon in vielen deutschen Städten stattgefunden hat. Dieses Jahr ist sie in Bochum in der Erich-Kästner-Gesamtschule zu Gast. Das im Jahr 2000 gegründete Netzwerk bietet mittlerweile ein breites Spektrum an Themenfeldern. „Zur Zeit liegt der Schwerpunkt auf der sozialökologischen Transformation. Das bedeutet: Wir wollen Naturzerstörung und ungerechte Verhältnisse überwinden, was wiederum mit Themen wie Rechtsruck oder autoritären Herrschaftsformen zusammenhängt“, sagt Achim Heier aus dem Attac-Koordinierungskreis. Er hat die Tage mitorganisiert.
100 Workshops, Diskussionen und Kultur
Das gesamte Wochenende lang finden insgesamt über 100 Workshops, Diskussionen und Kulturveranstaltungen statt. „Die Akademie ist aufs Mitmachen ausgelegt, klassische Seminare gibt es bei uns nicht“, sagt Achim Heier.
Vom Konzept ist Vinzenz Kreuzer bisher überzeugt: Er ist aus Innsbruck bis ins Ruhrgebiet gereist, um am Wochenende teilzunehmen. „Ich habe eine super spannende Referentin aus dem Kurdistan gehört. Sie hat mir noch einmal eine andere Seite der aktuellen Situation dort als das mediengeprägte Bild vermittelt.“
Attac hat den Standort Bochum ausgewählt, da das Ruhrgebiet bisher noch nicht an der Reihe war. Außerdem sieht das Netzwerk die Chance, im Zuge dessen die Bochumer Ortsgruppe wieder mehr aktivieren zu können.
Auch interessant