Bochum. Bei der Europawahl waren die Grünen in Bochum stärkste Partei. Das weckt Hoffnungen. 2020 könnte es wieder einen grünen OB-Kandidaten geben.
Wenn es um die Macht geht, breiten sich Spekulationen so rasch aus wie Wellen nach dem berühmten Steinwurf in einen Weiher. Dass die Bochumer Grünen darin keine Ausnahme bilden, wundert nicht. Nach der Europawahl mit einem so überraschenden Erfolg auf Stadtebene, schickt sich das grüne Pflänzchen an, zum mächtigen Baum zu mutieren. Ein grüner Oberbürgermeister, eine grüne Oberbürgermeisterin scheint als Lohn für bald 40 Jahre grüne Politik in Bochum mehr als eine Fantasterei zu sein.
Parteispitze stellt die Weichen
Nach Recherchen der WAZ hat die grüne Parteispitze bereits erste Weichenstellungen vorgenommen. Obwohl absolutes Stillschweigen vereinbart war, zeichnet sich eine eindeutige Strategie für die kommenden Wochen ab. Demnach wird in diesen Tagen bereits vorgefühlt, mit welcher Persönlichkeit als Oberbürgermeisterkandidat/Kandidatin die Grünen eine gute Chance auf Erfolg haben. „Wir brauchen jemanden, der es will und der es der Persönlichkeit nach auch packen könnte“, so ein mit den Planungen Vertrauter.
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Es ist die Stunde der Strategen. Da es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei der Oberbürgermeisterwahl im September 2020 keine Stichwahl geben wird, muss der erste Trumpf stechen, um im Bild zu bleiben.
Mit wem es die Grünen bislang versucht haben
Bei der ersten Direktwahl eines Oberbürgermeisters in Bochum am 12. September 1999 traten die Grünen erstmals mit einem eigenen Kandidaten an. Wolfgang Cordes holte dabei beachtliche 7,02 Prozent der Stimmen. Gewählt wurde nach der Stichwahl mit Friedrich-Wilhelm Müller (CDU) der Sozialdemokrat Ernst-Otto Stüber (50,78 %).
Fünf Jahre später wollten es die Grünen noch einmal wissen, erneut mit Cordes. Der konnte sich auf 9,3 Prozent verbessern, landete auf dem 3. Platz. Nach der Stichwahl gegen Lothar Gräfingholt (CDU) gewann Ottilie Scholz (60,8 %).
Wieder fünf Jahre später verzichteten die Grünen auf einen eigenen Kandidaten, Ottilie Scholz (SPD) wurde mit 52,3 % zu ihrer zweiten Amtszeit gewählt. Bei der bislang letzten OB-Wahl 2015 gab es einen Rekord: Zwölf Männer und eine Frau stellten sich zur Wahl. Monika Engel kam für die Grünen auf 8,57 Prozent. Gewählt wurde nach der Stichwahl gegen Klaus Franz (CDU) der aktuelle Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (53,07 %), SPD.
Namen werden gehandelt, die natürlich in dieser frühen Phase niemand bestätigen mag. Da es aber ebenso keine Dementis gibt, fällt der Blick etwa auf die Kanzlerin der Ruhr-Universität, Christina Reinhardt. Sie hat zumindest die Erfahrung, mit einer großen Verwaltung umzugehen. Oder Jörg Bogumil, Sozialwissenschaftler und Hochschulprofessor an der Ruhr-Uni. Das grüne Urgestein gehört zur Gründergeneration der Grünen in Bochum. Als weiterer Name wird Aysel Osmanoglu gehandelt, Vorstandsmitglied bei der GLS-Bank.
Mitglieder entscheiden im September
Bis zum 15. September, wenn die nächste Kreismitgliederversammlung der Bochumer Grünen ansteht, sollen auch andere Optionen ausgelotet werden. Als eine mögliche Variante gilt, dass Thomas Eiskirch als ein gemeinsamer Oberbürgermeisterkandidat antritt. Dafür wollen die Grünen, das nimmt nicht Wunder, der SPD wichtige Zugeständnisse abtrotzen. Die Rede ist etwa von einem neuen Dezernat, einem Umweltdezernenten. Denkbar auch: Wenn Thomas Eiskirch nicht konsensfähig sein sollte, würde gemeinsam mit dem Koalitionspartner ein neuer Kandidat gekürt.
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Einen wichtigen Punkt haben dabei alle grünen Planer aus der sogenannten Steuerungsgruppe in diesen Tagen auf dem Schirm: Ein(e) eigene(r) grüne(r) Kandidat/Kandidatin würde möglicherweise bei der Wahl die Stimmen aus dem eher linken Spektrum zu sehr zersplittern. Wenn SPD, Grüne und Linke sich die Stimmen gegenseitig abjagen, vielleicht freut sich da jemand ganz anders: Marcus Stawars von der CDU werden schon lange Ambitionen nachgesagt, den Griff nach den Sternen zu wagen. Die CDU im Süden hat er auf jeden Fall schon mal auf seiner Seite.