Bochum. Früher war die Richterschaft männerdominiert. Heute sind die Frauen in der Überzahl. Wie bei der Staatsanwaltschaft und den Referendaren.
Neulich vor dem Landgericht: Vier vorbestrafte Drogendealer wurden von vier Frauen zu Haftstrafen bis zu vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Nur ein einziger Mann saß auf der Richterbank, ein Schöffe. Die anderen waren drei Berufsrichterinnen und eine Schöffin. Diese Geschlechterverteilung ist mittlerweile normal bei der Justiz. „Wir werden im richterlichen Bereich immer weiblicher“, sagt Bochums Amtsgerichtsdirektor Oliver Hoffmann zur WAZ.
Er nennt Zahlen: Beim Amtsgericht arbeiten heute 28 Richterinnen und 21 Richter, beim Landgericht sind es 56 Richterinnen und 41 Richter. Hinzu kommen 17 Richterinnen und sechs Richter auf Probe. Bis zum Anfang 2019 waren männliche Richter noch leicht in der Überzahl. „Das ist gekippt in diesem Jahr“, sagt Oliver Hoffmann. Im Jahr 2005 zum Beispiel saßen beim Landgericht noch 44 Männer und 26 Frauen auf der Richterbank.
Auch mehr Staatsanwältinnen als Staatsanwälte
Bei der Staatsanwaltschaft haben die Frauen rein quantitativ ebenfalls die Männer abgehängt. Mittlerweile gibt es nach Angaben von Oberstaatsanwalt Paul Jansen 41 Staatsanwältinnen und 39 Staatsanwälte. Bei der Amtsanwaltschaft (sie bearbeitet kleinere Delikte) ist das Verhältnis noch deutlicher: zwölf Frauen, sieben Männer.
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Auch im Nachwuchsbereich wird es weiblicher: Wie Richter Dr. Markus van den Hövel sagt, gibt es zurzeit 350 Referendare. Knapp die Hälfte sind Männer, die Frauen dominieren leicht. „Das war früher deutlich männerdominiert“, sagt der Richter und meint den Zeitraum von vor zehn Jahren und früher. Damals seien mindestens zwei Drittel männlich gewesen.
Die Vorteile des öffentlichen Dienstes bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Nachwuchssorgen bei den Richtern
Amtsgerichtsdirektor Oliver Hoffmann spricht auch eine andere Personalentwicklung im Richterberuf an: Nachwuchssorgen. „Wir haben zu wenig Bewerber für Stellenausschreibungen.“ Gerade Männer würde sich für andere Berufe entscheiden. „Das macht uns ein bisschen Kummer. Wir sind im Moment nicht so begehrt wie vor zehn oder 15 Jahren.“
Die Anzahl der Jura-Studenten sei zwar konstant, aber immer weniger würden das 2. Staatsexamen machen - eine Voraussetzung für den Richterberuf. Personalmangel gebe es zurzeit zwar nicht, aber es könne sein, dass er komme.
Dass die Frauen die Männer in der Staatsjustiz zahlenmäßig überflügelt haben, wird mit den Vorteilen des öffentlichen Dienstes erklärt. Gerade Frauen würden das schätzen, meint Richter van den Hövel. „Kinderfreundlichkeit und Teilzeitarbeitsmöglichkeiten sind höher ausgeprägt als in der freien Wirtschaft.“
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Männer hingegen wechseln nach dem 2. juristischen Staatsexamen zunehmend in die freie Wirtschaft, zu großen Unternehmen und in große Kanzleien, weil sie dort mehr Geld verdienen können als im Richterberuf. So sagt es der Sprecher des Oberlandesgerichts Hamm, Christian Nubbemeyer. Im OLG-Bereich, zu dem auch Bochum zählt, würden schon seit Jahren mehr Frauen als Männer eingestellt, weil sich einfach mehr Frauen bewerben.
Auch im Rechtspflegerdienst haben die Frauen in Bochum die Übermacht: 62 Prozent. Bei den Servicekräften sind es sogar 82 Prozent. Männlich dominiert ist aber der Wachtmeisterdienst: 83 Prozent gehören zum so genannten starken Geschlecht.