Sascha Hellen entschuldigte sich am Dienstag vor dem Landgericht bei seinen prominenten Opfern. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Betrug vor.
Bochum. Gewerbsmäßiger Betrug, Untreue, Bankrott, Insolvenzverschleppung: Das sind die Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft am Dienstag vor dem Landgericht gegen den Bochumer Medienberater und Eventmanager Sascha Hellen vorgetragen hat. Der 41-Jährige legte zum Prozessauftakt vor der 12. Wirtschaftsstrafkammer ein Geständnis ab und gab „Fehler und falsche Entscheidungen“ zu. „Ich möchte mich entschuldigen und stelle mich meiner Verantwortung.“ Es tue ihm alles leid.
Gesamtschaden soll bei mehr als 1,1 Millionen Euro liegen
Der Angeklagte erschien vor Gericht mit dunkelblauem Anzug und sommerlichem Oberhemd. Die Anspannung ist dem bekannten Bochumer Veranstalter deutlich anzumerken. Mit dem prominent besetzten und von ihm organisierten „Atriumtalk“ der Stadtwerke bis 2012 sowie seiner bis heute stattfindenden Prominenten-Gala „Steiger Award“ und der ebenfalls prominent besetzten Vortragsreihe „Herausforderung Zukunft“ hat er weit über Bochum hinaus Bekanntheit erlangt. Nun sitzt er auf einer Anklagebank – kein gutes Szenario für einen Geschäftsmann. Bei mehreren Privatpersonen und Firmen soll er einen Gesamtschaden von mehr als 1,1 Millionen Euro angerichtet haben.
Hellen soll von Privatpersonen Darlehen kassiert haben, die er nicht oder nur geringfügig habe zurückzahlen können - und dies schon vorher wegen seiner klammen Finanzlage gewusst haben. Unter anderem sollen ein bekannter Bochumer Arzt (105.000 Euro) und ein ebenfalls bekannter TV-Journalist geprellt worden sein (rund 580.000 Euro Darlehen). Was Staatsanwältin Christine Ziplies vorliest, hört sich so an, als habe Hellen den Journalisten mit immer weiteren gewährten Darlehen regelrecht ausgenommen.
Geld für eigenen Zwecke abgezweigt
Außerdem soll Hellen von einem Vertragspartner 15.000 Euro kassiert haben, um eine Audienz mit dem Dalai Lama zu vermitteln, obwohl er gewusst habe, dass das wohl nicht zustande kommen kann. Trotz Insolvenz seiner Medien-GmbH soll er Rechnungsgelder für sich selbst vereinnahmt und sie nicht in seine notleidende Firma gesteckt haben.
Einen sechsstelligen Geldbetrag, den er vom Freundeskreis einer auswärtigen Universität für eine Veranstaltung erhalten habe, soll er entgegen der Absprache nur geringfügig an die beteiligten Firmen (Catering u.a.) weitergeleitet, sondern für eigene Zwecke verwendet haben. Außerdem soll er Sozialbeiträge eines Mitarbeiters nicht an die Sozialkassen abgeführt haben. 31 Einzeltaten zwischen 2013 und 2017 sind angeklagt.
Gläubiger immer wieder vertröstet
„Das Geschäftsgebaren, um es vorsichtig zu formulieren, war eher unüblich“, sagte Richterin Christine Katzer dem Angeklagten und verwies darauf, dass er Geschäftsgelder auch über eigene und fremde Privatkonten geleitet habe. Das sei nicht ordnungsgemäß gewesen. Außerdem sei dem Gericht aufgefallen, dass Hellen eigene Geldforderungen stets schnell durchgesetzt, andersherum aber Gläubiger oft vertröstet habe. Angezeigt wurde Hellen von mehreren in der Anklage genannten Geschädigten.
Hellen erklärte, dass die Ursache für seine wirtschaftliche „Misere“ in den vergangenen Jahren die Atriumtalk-Affäre 2012, ein Rechtsstreit mit den Stadtwerken und die Medienberichterstattung dazu gewesen seien. In der Affäre ging es um extrem hohe Honorare der Stadtwerke an prominente Talk-Gäste wie Peer Steinbrück (SPD).
Das Ausmaß habe er nicht richtig realisiert. „Ein Tsunami hat uns eingeholt.“ Vorher sei seine Firma in ruhigem Fahrwasser gewesen. „Ich habe die Situation falsch eingeschätzt und gehofft, dass die dunklen Wolken vorüberziehen.“ Mit den Darlehen habe er nur seine notleidende Medien-GmbH retten wollen, indem er dringende Finanzlöcher gestopft habe, woraufhin aber wieder neue entstanden seien. Dass er das geliehene Geld nicht habe zurückzahlen können, habe er billigend in Kauf genommen. „Mir ist die Sache über den Kopf gewachsen.“ Aus heutiger Sicht sei es „idiotisch“ gewesen, mit den Darlehen die Firma retten zu wollen. Er hätte schon damals sagen sollen: „Das Schiff ist gestrandet.“
Gericht legt Strafrahmen fest
Vor dem Geständnis hatte das Gericht ihm ein Angebot gemacht für den Fall, dass er ein volles Geständnis ablegt. Dann werde sich ein Urteil in einem Strafrahmen von zwei Jahren auf Bewährung (Auflage: 200 Sozialstunden) bis zweieinhalb Jahre Haft bewegen. Hellen nahm das nach Beratung mit seinen Rechtsbeiständen an.
Der Prozess wird fortgesetzt.