Bochum. Der Bochumer Wahlleiter erläuterte, wie es zu der Panne bei der Europawahl kommen konnte. Die Stadt prüft, welche Konsequenzen zu ziehen sind.
. In 22 von 186 Bochumer Wahllokalen fehlten bei der Europawahl Wahlzettel. Die Bürger mussten bis zu zwei Stunden warten, um doch noch ihre Stimme abgeben zu können. Damit musste Kreiswahlleiter Stadtdirektor Sebastian Kopietz am Mittwochabend bei der Sitzung des Wahlausschusses seine noch am Wahlabend genannte Anzahl von etwa einem Dutzend Wahllokalen ohne Zettel fast verdoppeln. Er erneuerte seine Entschuldigung vom Sonntag und ergänzte, dass die Stadt am Sonntag ihrer Aufgabe, die Wahl ohne Einschränkungen zu ermöglichen nicht gerecht geworden sei. „Wir werden dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholt“, so der sichtlich zerknirschte Stadtdirektor.
Mittlerweile habe die Stadt im Wahlamt recherchiert und stellt die Ursache für Panne, die seit Sonntag in ganz Deutschland die Runde macht, folgendermaßen dar:
Erfahrener Mitarbeiter hat Fehler begangen
Ein erfahrener und langjähriger Mitarbeiter habe in einer individuellen Fehleinschätzung entschieden, nicht alle Wahlzettel an die Stimmlokale auszuliefern. Den Grund dafür erläuterte Stephan Heimrath, der seit Jahren ohne größere Pannen alle Wahlen in Bochum organisiert. Da die Wahlzettel bei der Europawahl außergewöhnlich lang gewesen seien und demnach gefaltet ein größeres Volumen hatte, wurden nicht alle ausgeliefert. Dies sei geschehen, um die Wahlvorstände zu entlasten.
Eine folgenschwere Entscheidung. Doch am Wahltag, so räumte die Stadt jetzt ein, riss die Kette der Fehlentscheidungen nicht ab. Da im Laufe des Wahltages mehr und mehr Wahllokale Alarm schlugen, entschied der Mitarbeiter, dass alle 186 Stimmbezirke zusätzliche Zettel erhalten sollten. Das wiederum überforderte die Logistik der Stadt und dies führte, so räumte Kopietz ein, zu den zum Teil immensen Wartezeiten von bis zu zwei Stunden. Die Stadt prüfe derzeit, ob die Person nun dienstrechtliche Konsequenzen zu erwarten habe. Im Übrigen sei das von dem Betreffenden durchgeführte Prozedere in keiner Weise mit dem Vorgesetzten oder dem Kreiswahlleiter abgesprochen worden. In Bochum seien insgesamt 300.000 Wahlzettel bei maximal 275.000 Wählern gedruckt worden, eine ausreichende Zahl also.
Auf Nachfrage der CDU, die im Übrigen ihre Kritik an diesem Vorgehen am Wahltag im Protokoll festhalten ließ, wurden in der öffentlichen Sitzung auch Zahlen genannt, wie viele Menschen denn nun tatsächlich aufgrund dieser Panne nicht wählen konnten. Es seien bei den betroffenen 22 Wahllokalen geschätzt zwischen zwölf und 60 Personen ohne gewählt zu haben gegangen. Gleichzeitig, ebenfalls geschätzt, seien zwischen keiner Person und 47 Personen später wieder zurückgekehrt, um doch noch zu wählen.
Politischer Vorgang bereits im Hauptausschuss
Schon am Nachmittag hatte die Panne für Diskussionen im Hauptausschuss gesorgt. CDU-Fraktionsvorsitzender Christian Haardt schob eine schriftliche Anfrage nach und erinnerte daran, dass „Bürgerinnen und Bürger „deshalb an ihrem Wahlrecht gehindert worden sein“ sollen. Die CDU konstatierte, dass ein „Imageschaden“ für Bochum entstanden sei und fragt: „Wie beabsichtigt die Verwaltung, die selbst aktiv für eine Teilnahme an der Wahl geworben hat, das Vertrauen der Bürger in die demokratischen Abläufe wiederherzustellen.“ Ins gleiche Horn stieß Ralf D. Lange, Fraktionschef der Linken im Rat. Er kündigte an, seine Fragen ebenfalls schriftlich an die Verwaltung richten zu wollen. Vor allem wollte er die genaue Anzahl der Wähler wissen, die denn durch das Fehlen der Wahlzettel nicht haben wählen können.
Unterlagen werden zum Landeswahlleiter geschickt
Bereits am Tag nach der Europawahl hattet sich der Bundeswahlleiter zu Wort gemeldet. „Wir haben den Landeswahlleiter gebeten, den Vorgängen in Bochum nachzugehen und uns über das Ergebnis zu informieren“, hatte die Pressestelle der Bundeswahlleitung in Wiesbaden am Montag auf Anfrage der WAZ erklärt. Die Stadt selbst gibt an, noch am Wahltag selbst den Landeswahlleiter informiert zu haben.
Stadtdirektor Sebastian Kopietz kündigte nach der gestrigen Sitzung des Wahlausschusses an, dass sämtliche Unterlagen zur Er- und Aufklärung der Panne vom Wahlsonntag nun zum Landeswahlleiter geschickt würden. Dort werde dann eine genaue Prüfung erfolgen und darüber der Bundeswahlleiter informiert. Seit Ende der Wahl läuft eine Frist von zwei Monaten, in denen jedermann das Recht hat, Einwendungen gegenüber der Wahl vorzubringen.