Bochum. . Im leer stehenden Keller der alten Schlegel-Brauerei ist die Ausstellung „Urb Expo“ zu sehen. Poetische Fotos zeigen die Schönheit des Verfalls.

Es ist ein merkwürdiger und doch ein spannender Ort für Kunst: Die völlig verlassene, ehemalige Großküche unterhalb der Schlegel-Brauerei wird einmal im Jahr zum Schauplatz der „Urb Expo“-Fotoausstellung, die deutschlandweit Beachtung findet. Früher in der einst ebenfalls leerstehenden Rotunde heimisch, werden die Ausstellungen seit 2016 in dem verlassenen Keller gegenüber dem Rathaus gezeigt, der sonst für die Öffentlichkeit gesperrt ist.

19 Fotografen und Künstler aus ganz Deutschland und der Schweiz widmen sich in der achten „Urb Expo“-Auflage in ihren Bilderserien erneut der Ästhetik des Verfalls. So gesehen passen die Bilder und der Ort, an dem sie ausgestellt werden, punktgenau zusammen. Diese sogenannten „Lost Places“ (verlorene Orte) finden die Fotokünstler überall auf der Welt: in alten Industrieruinen, in leer stehenden Hotels, in trocken gelegten Schwimmbädern oder in ausgebrannten Wohnhäusern. „Die Bilder zeigen die Vergänglichkeit auf vielfältige Weise“, sagt Kurator Olaf Rauch, „und das hat beim Betrachten schon einen Reiz, weil man weiß: Irgendwann sind diese Orte einfach weg.“

Die Betten im lange verlassenen Bauernhaus sind noch gemacht

Im verlassenen Ambiente der Schlegel-Brauerei entfalten die Fotografien eine ganz eigene, magische Wirkung.
Im verlassenen Ambiente der Schlegel-Brauerei entfalten die Fotografien eine ganz eigene, magische Wirkung. © Ingo Otto

So zeigt der Fotograf Erik Oettinghaus in seiner Serie „Die Zeitreise“ ein seit etwa zehn Jahren verlassenes Bauernhaus. Das Gebäude ist komplett eingerichtet, die Schränke voller persönlicher Gegenstände, die Betten sind gemacht – und doch wohnt keine Menschenseele mehr hier.

Auch Iris Wieschermann widmet sich in ihrer Serie dem Zauber des Alltäglichen. Verlassene Wohnhäuser werden bei ihr in den Fokus gerückt – aus welchen Gründen sie aufgegeben wurden, bleibt unklar. Mal waren es wohl Erbstreitigkeiten, mal war es der plötzliche Tod des Besitzers. Die Wäsche hängt noch auf der Leine...

Ausstellung ist bis 19. Mai geöffnet

Die Ausstellung „Verlassene Orte und Ästhetik des Verfalls“ ist bis 19. Mai im Keller des Schlegel-Hauses (Willy-Brandt-Platz 5-7) zu sehen. Eingang: Treppe rechts neben dem Haupteingang.

Geöffnet: Mo. bis Fr. von 15 bis 20 Uhr. Sa./So. von 12 bis 18 Uhr. Eintritt: 3 Euro. Katalog: 18 Euro.

Im Dornröschenschlaf

Andere Fotografen besuchen ganz konkrete, verlassene Orte: so wie Roman Zeschky. In „D-Day“ zeigt er Bilder aus der Normandie, wo vor 75 Jahren die Befreiung Europas von der Diktatur des Dritten Reiches begann. Der Schweizer Fotograf Ivo Stalder rückt in seiner Serie „Die Zeche“ die Kathedralen des Industriezeitalters im Ruhrgebiet in den Mittelpunkt.

Jens Perkiewicz blickt auf die verlassene Fakultät einer Universität in Belgien, die auf Bergbautechnik spezialisiert war. Nach dem Niedergang des Bergbaus wurde die Fakultät geschlossen und liegt jetzt im Dornröschenschlaf.

Erstmals wird bei „Urb Expo“ ein Publikumspreis ausgelobt. Jeder Besucher kann am Ausgang über die beste Bilderserie abstimmen. Der Gewinner wird am 19. Mai um 18 Uhr in den Ausstellungsräumen bekannt gegeben.