Bochum. Als eine junge Bochumerin über den Werner Hellweg geht, bricht sie zusammen. Es seien zehn bis 20 Minuten vergangen, bis jemand die 112 rief.

Eine Bochumerin, Ende 20, ist am Donnerstagmorgen auf dem Werner Hellweg unterwegs. Plötzlich wird ihr schlecht und schwindelig, sie muss sich übergeben. „Zuerst dachte ich an Magen-Darm. Dann fing ich an, keine Luft mehr zu bekommen. Es fühlte sich an, als würde mein Brustkorb brennen“, berichtet die junge Mutter im Nachhinein. Sie geht zu Boden.

Während sie dort im Regen lag, seien viele Menschen an ihr vorbeigelaufen. Sie hätten zu ihr geschaut – und seien weitergegangen. Wie lange genau die Frau auf Hilfe wartete, kann sie fast eine Woche später nicht mehr genau sagen. „Zwischen zehn und 20 Minuten“, schätzt sie.

Dann sei endlich jemand gekommen, um ihr zu helfen. „Ich verlor langsam das Bewusstsein und weiß nur noch Bruchstücke“, sagt sie. Zwei Ersthelfer riefen den Rettungsdienst.

Bochumerin wurde von Sanitätern reanimiert

„Um 8.22 Uhr ging bei uns der Notruf ein, um 8.26 Uhr traf der Rettungswagen ein“, teilt ein Sprecher der Bochumer Feuerwehr auf Anfrage mit. Die Sanitäter stellten einen Herzinfarkt fest, reanimierten die Frau und brachten sie in ein Krankenhaus. Am gestrigen Dienstag konnte sie wieder entlassen werden.

Dr. Christoph Hanefeld ist Kardiologe und Ärztlicher Leiter des Bochumer Rettungsdienstes. Ingo Otto left Dr. Christoph Hanefeld, Kardiologe und Ärztlicher Leiter des Bochumer Rettungsdienstes, kennt so etwas „Das erleben wir immer wieder“, sagt er. Dabei zähle bei akuten Fällen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall jede Minute. Hanefeld: „Die Medizin ist heute so weit, dass die Patienten ohne weiteren Schaden aus der Sache rauskommen können, wenn sie schnelle Hilfe bekommen.“

Wer nichts tut, begeht unterlassene Hilfeleistung

Ob es sich im Fall der Bochumerin um unterlassene Hilfeleistung handelt, kann Hanefeld nicht sagen. Wer aber an offensichtlich Hilfebedürftigen vorbeigehe, ohne zu helfen, begehe dabei eine klare unterlassene Hilfeleistung. „Den Rettungsdienst zu wählen, ist Bürgerpflicht“, sagt er. Wer eine Ausbildung in Erster Hilfe habe – auch durch den Kurs für den Führerschein –, solle wenn möglich weitere Hilfe leisten.

Das hätte sich auch die junge Bochumerin gewünscht. „In so einer Situation fühlt man sich hilflos und wie Dreck“, sagt sie. Durch die Reanimation des Rettungsdienstes werde sie wieder gesund. Trotzdem hofft sie auf mehr gegenseitige Rücksichtnahme: „Ich wünsche sowas keinem. Keiner hat es verdient, keine Hilfe zu bekommen.“

>>> Betroffene sucht die beiden Ersthelfer

Die Betroffene möchte sich bei den beiden Ersthelfern bedanken. Wer diese kennt oder sich angesprochen fühlt, kann sich an die Redaktion unter 0234/ 966 14 37 oder redaktion.bochum@waz.de wenden.