Bochum. . In Wattenscheid-Mitte fließen Gesundheitsdaten in die Stadtteilplanung ein. Ein Austausch mit den Akteuren vor Ort steht dabei an erster Stelle.
Adipositas, Sehschwäche, Sprachentwicklungsprobleme – ein Blick in den städtischen Gesundheitsbericht genügt, um die Verlierer auszumachen: Günnigfeld, Leithe, Höntrop und immer wieder Wattenscheid-Mitte. Wenn es nach Michael Sprünken und Anna Lottermoser geht, wird sich dieses Bild bald wandeln. Denn Wattenscheid soll gesünder werden. Wie das?
„Daten für Taten“
Bereits 2014 hat die kommunale Gesundheitskonferenz beschlossen, einen „Fachplan Gesundheit“ zu entwickeln, der „vorrangige Gesundheitsprobleme identifizieren“ und daraus Ziele ableiten und Gegenmaßnahmen entwickeln soll. Michael Sprünken, der den Gesundheitsbericht aufgestellt hat, kann das auch knackiger formulieren: „Daten für Taten“.
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Zunächst soll Wattenscheid-Mitte von diesem Tatendrang profitieren: So wurden erstmals Gesundheitsdaten mit zur Basis eines städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (ISEK) gemacht. Die „gesamte Stadterneuerung“ heißt es, wolle man unter das „Leitthema Gesundheit“ stellen. „Das ist etwas Einzigartiges innerhalb der Isek-Logik“, schwärmt Anna Lottermoser. Sie arbeitet gemeinsam mit drei weiteren Kollegen im Stadtteilbüro an der Westenfelder Straße. Es ist im Frühjahr 2016 eröffnet worden: ein ebenerdig gelegener Raum mit großen Fenstern, die neugierige Blicke ins Innere zulassen. Ganz klar: Man will mit den Leuten vor Ort ins Gespräch kommen. Auch die Gründung eines „Gesundheitsverbundes“ gehört dazu.
Keine Maßnahmen vom Reißbrett
„Das klingt erst einmal sehr abstrakt“, gibt Michael Sprünken zu. „Aber so langsam entwickelt sich hier ein Bewusstsein dafür, dass es etwas sehr Lebendiges ist.“
Was die Verantwortlichen nicht im Sinn haben, sind Maßnahmen, die „am Reißbrett geplant“ und den Bürgern „von außen“ aufgezwungen werden. Deshalb ist ihnen ein ständiger Austausch mit Experten aus verschiedenen Bereichen wichtig. Mit Pädagogen aus Kitas und Schulen, Stadtplanern und Datensammlern, Ärzten, Trainern aus den Vereinen, und nicht zuletzt den ganz normalen Bürgern.
Das wiederum macht ihre Arbeit schwerer, wie etwa die Neugestaltung der Parkanlage am Ehrenmal zeigt. „Das war ein sehr langer Planungsprozess“, räumt Anna Lottermoser ein, man habe die Menschen vor Ort immer wieder einbezogen. Neben gezielten Angeboten wie Ernährungsberatung oder Sportkursen soll nämlich auch die Umgebung insgesamt „gesundheitsförderlich“ werden.
Wohnumfeld attraktiver machen
Es gehe nicht um „Einzelmaßnahmen, deren Wirkung sofort wieder verpufft“, sagt auch Michael Sprünken. Die ganze Atmosphäre solle sich verändern, das Wohnumfeld attraktiver werden, die Wege angenehmer, barrierefreier. Auch das bedeutet Gesundheit. Wird Wattenscheid also zur Wohlfühloase? Sicher nicht von heute auf morgen. Was Sprünken und Lottermoser und vielen weiteren Akteuren vorschwebt, braucht viel Zeit und noch mehr Engagement.
Längst geht es in diesem Prozess auch nicht mehr nur um die Gesundheit der Kinder, deren Daten ursprünglich den Anstoß gegeben hatten, sich auf Wattenscheid zu konzentrieren. Längst sind auch die Älteren in den Fokus gerückt. „Wir wollen alle Generationen einbeziehen“, sagt Anna Lottermoser, und weder Menschen mit Behinderungen noch Migranten ausschließen. Das gesundende Wattenscheid, an dem sie mit vereinten Kräften tüfteln – es soll am Ende schließlich zum Vorbild für die Gesamtstadt werden.