Bochum. Jan Böhmermann stieß die Debatte an. Nun hat ein junger Bochumer herausgefunden: Der Vorbesitzer der Kult-Metzgerei Dönninghaus starb im KZ.

Einen Monat nachdem der TV-Satiriker Jan Böhmermann die „Arisierung“ der Fleischerei Dönninghaus bundesweit zum Thema gemacht hat, wird nun das Schicksal des jüdischen Gründers bekannt. „Jakob Meyer wurde im KZ Auschwitz ermordet“, sagt der Bochumer Hobbyhistoriker Simon Zimmer (25).

„Die Geschichte der Bochumer Kultwurstmanufaktur sollte dringend mal ausführlich recherchiert werden“, hatte Böhmermann Ende 2018 in seinem Erfolgs-Podcast „Fest & Flauschig“ gefordert. Der Moderator verwies auf einen Hinweis, nach dem die Metzgerei Jakob Meyer an der Brückstraße mit ihrem jüdischen Eigentümer 1938 von den Nazis enteignet und in den Besitz von Otto Dönninghaus gewechselt sei. In der Chronik des Familienbetriebs ist davon nichts zu lesen. „Die Fleischerei Dönninghaus wurde im Jahre 1935 von Otto Dönninghaus gegründet“, heißt es dort unter der Überschrift „Wie alles begann“.

Spurensuche führt nach Haltern

Während sich Dönninghaus-Chef Dirk Schulz überrascht und empört darüber zeigte, öffentlich an den Pranger gestellt zu werden, begab sich Simon Zimmer auf Spurensuche. Der Finanzbeamte hatte weit vor Böhmermann von seinem gleichfalls geschichtsinteressierten Vater erfahren, dass Bochums bekannteste Metzgerei jüdische Wurzeln hat und in der NS-Zeit „arisiert“ wurde. Heißt: für einen Spottpreis zwangsverkauft wurde. Nun aber wollte es Zimmer genauer wissen. „Das finde ich enorm wichtig, gerade in der heutigen Zeit, in der Fremdenfeindlichkeit wieder salonfähig wird.“

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Der Bochumer Historiker Hubert Schneider wies den Weg. Der Wissenschaftler hat zwar die Enteignung der Metzgerei Meyer nachgezeichnet, dokumentiert durch einen „Kaufvertrag“ vom 6. Dezember 1937 (die Kaufsumme ist – offenbar wohlweislich – nicht überliefert). Die Recherchen von Schneider enden aber im Oktober 1938, als Jakob Meyer nach Haltern umzog, wo ein Großteil seiner Familie lebte. „Stolpersteine“ für seine Schwestern Caecillia und Dora vor dem früheren Wohnhaus erinnern bis heute daran.

Ganze Familie wurde ausgelöscht

Simon Zimmer wandte sich ans Stadtarchiv in Haltern. Sein Glück: Der Historiker Dieter Stüber berichtet in seinem 2016 erschienenen Buch „Die Schicksale der jüdischen Familien in Haltern am See 1925 bis 1945“ auch über Jakob Meyer.

Als „bedrückend“ und „schockierend“ empfindet der junge Hiltroper die Aufzeichnungen. Nur einen Monat findet Jakob Meyer (damals 52) Unterschlupf in Haltern, dann wird das Haus der Familie bei den Novemberpogromen 1938 von NS-Schergen befehlsgemäß „unbewohnbar gemacht“. Meyer flüchtet nach Belgien, wird aufgespürt, in zwei Konzentrationslager in Frankreich gesperrt und 1942 ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Dort stirbt Jakob Meyer. Ein genauer Todestag lässt sich nicht bestimmen. „Er wurde“, hat Simon Zimmer beim Bundesarchiv Koblenz erfahren, „wie die meisten ermordeten Juden am 8. Mai 1945, dem Tag des Kriegsendes, offiziell für tot erklärt.“

Sicher erscheint: Es gibt keine Nachfahren. Simon Zimmer: „Vermutlich wurde die ganze Familie durch den Holocaust ausgelöscht.“

>> FLEISCHEREI KANN RECHERCHEN NUTZEN

„Sehr gerne“ ist Simon Zimmer bereit, seine Recherchen der Fleischerei Dönninghaus zur Verfügung zu stellen, um so auch die Firmenchronik zu ergänzen.

Metzgerei-Chef Dirk Schulz zeigt großes Interesse an der Arbeit von Simon Zimmer. Bis Dezember habe er nichts von einer „Arisierung“ gewusst. Nun wolle er sich „intensiver mit unserer Historie beschäftigen“.