Bochum. Trauriger Abschied von einem Bochumer Traditionslokal: In der „Uhle“ ist nach über 150 Jahren für immer der Ofen aus. Das Haus wird abgerissen.
Wirsingrouladen, Leberkäse und der Allzeit-Favorit Pfefferrahmschnitzel: Am letzten Öffnungstag ist die Tageskarte ausgedünnt. Zudem hat die Hausmannskost trotz gewohnt guter Qualität einen bitteren Beigeschmack.
Heulen unter Eulen: In der „Uhle“ ist der Ofen aus. Mit der Schließung des Speiselokals an der Huestraße/Dr.-Ruer-Platz endete am Donnerstag eine über 150-jährige Tradition.
Abschied von der „Uhle“ fällt schwer
Brigitte Streberg hat schon die ganze Woche Tränen in den Augen. Schwer fällt ihr der Abschied von der „Uhle“, die sie seit 1963 mit ihrem Mann geführt hat. Werner Streberg starb 2010. Seine Witwe machte mit Unterstützung von Sohn Gerry und Schwiegertochter Gundula weiter.
„Aber jetzt“, sagt Brigitte Streberg, „jetzt ist wirklich Schluss.“ Mit 86 Jahren sei es an der Zeit, sich die Ruhe zu gönnen, die der aufreibende Restaurantbetrieb in den letzten 56 Jahre kaum zugelassen habe. „Die Kinder“ haben andere Pläne.
Und als der Eigentümer das Gebäude 2018 an die Sparkasse verkaufte, sei klar gewesen: Die Tage der „Uhle“ sind gezählt – über 150 Jahre nach der Gründung 1867 durch Ferdinand Uhlenbruch (daher „Uhle“), dessen Nachfahren das Lokal ab 1890 mit einer Sammlung ausgestopfter Tiere zur bizarren Sehenswürdigkeit machten. Zwei mächtige Eulen künden noch von dieser Zeit.
Die letzten zwei Jahre seien schwer gewesen, sagt Brigitte Streberg. Der Personalmangel in der Gastronomie sei dramatisch. Sie schimpft auf die Stadt, die es zugelassen habe, dass sowohl die Hue-straße als auch die Tiefgarage P2 zur Dauerbaustelle wurden. „Das hat uns etliche Gäste gekostet.“
Lecker, sauber. freundlich
Voll wurde es erst wieder ab dem letzten Herbst, als bekannt wurde, dass die „Uhle“ 2019 dicht macht. Neben den Stammgästen kehrten etliche Besucher ein, „die noch einmal bei uns essen wollten“, sagt die Chefin, die sich gerührt über so viel Anteilnahme zeigt.
So auch am Donnerstag. Noch einmal ist der Speiseraum mittags gut gefüllt. Klaus Meyer bestellt wie üblich einmal in der Woche die selbstgemachte Hühnersuppe. „Geschockt“ ist der 69-Jährige, als er erfährt, dass es die letzte Suppe sein wird, die er hier auslöffelt. „Die gibt es so nirgendwo mehr!“
Trauerklößen gleicht auch die Eppendorfer Familie, die wie immer in den letzten 20 Jahren an ihrem Stamm-Tisch Nummer 8 Platz genommen hat. „Die ,Uhle’ ist eine Institution. Immer lecker. Immer sauber. Immer freundlicher Service“, schwärmt der 87-jährige Stammgast, und seine Frau und Tochter nicken zustimmend. Wo sie künftig einkehren werden? „Es gibt weit und breit keinen Ersatz.“
Birgitte Streberg wirbelt längst wieder hinterm Tresen. Bis 22 Uhr wird sie auch am letzten Tag öffnen. Dann ist Feierabend. „Ab morgen“, sagt sie „ruh’ ich mich aus.“
>>> Vorher-Nachher-Bild von der Uhle:
Fotos: Stadt Bochum (Jahr 1911) / Lea Wittor (2019) Umsetzung: Sarah Dembski
>>> INFO: Neubau soll am Dr.-Ruer-Platz entstehen
Die Sparkasse hat die Uhle gekauft. Zum 1. Februar ist sie auch offiziell der Besitzer. Das Gebäude wird abgerissen.
Am Donnerstag begannen die vorbereitenden Vermessungsarbeiten für einen mehrgeschossigen Neubau für Handel, Gewerbe und Wohnen. Dabei soll wohl auch das Gebäude zwischen Uhle und Sparkasse, das ebenfalls dem Geldinstitut gehört, mit einbezogen werden. Für die Planung des Neubaus zeichnet der „Haus-Architekt“ der Sparkasse, Ludger Kroos, verantwortlich.
Mit der Uhle schließt die benachbarte Imbiss-Hütte. Die 13 Mitarbeiter haben laut Brigitte Streberg neue Jobs gefunden: „Gutes Personal ist begehrt.“