Bochum. . Schauspielhaus, Symphoniker und Stadtarchiv feiern den großen Start ins Jubiläumsjahr. Im ausverkauften Musikforum werfen sie einen Blick zurück.
Feste sollte man feiern, wie sie fallen – und dies ist definitiv ein prima Grund dafür: Drei Bochumer Kultureinrichtungen ziehen an einem Strang, um den Start in ihr Jubiläumsjahr zu einem Erlebnis von Rang werden zu lassen.
Es ist schon eine bemerkenswerte Anekdote in der Stadtgeschichte, dass just im Jahr 1919 das Schauspielhaus eröffnet wurde, die Symphoniker ihr erstes öffentliches Konzert gaben – und auch das stadthistorische Museum (heute ein Teil des Stadtarchivs) seine Pforten öffnete. 100 Jahre später ist sich wohl jeder im ausverkauften Saal des Musikforums der Bedeutung dieses dreifachen runden Geburtstags bewusst: „Dies wird ein Jahr, auf das wir uns jetzt schon freuen können“, verspricht Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) gut gelaunt in seiner Eröffnungsrede.
Stadtarchiv bereitet das Fundament
Knapp zwei Stunden lang erleben die Zuschauer ein in dieser Form noch nie dagewesenes Zusammenspiel dreier Kulturinstitutionen. Die Arbeit des Stadtarchivs und seiner scheidenden Leiterin Ingrid Wölk bildet gewissermaßen das historische Fundament, auf dem die anderen aufbauen können. Wölk recherchierte tief in der Stadtgeschichte, um die Zeit zwischen dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 und dem Startschuss ins Bochumer Kulturleben nur ein knappes Jahr später begreifbar zu machen.
Karin Moog, Konstantin Bühler und Guy Clemens aus dem neuen Ensemble des Schauspielhauses bieten dieses Archivmaterial als szenische Lesung dar – eingerichtet von Intendant Johan Simons. Der wäre allerdings kein viel gepriesener Regisseur, wenn er dies einfach vom Blatt lesen ließe. So schreiten die Schauspieler hinter zentimeterdicker weißer Schminke wie Gespenster aus der Vergangenheit durch den Saal, erzählen von den zähen Vertragsverhandlungen mit einem gewissen Saladin Schmitt aus Köln und vom ersten Konzert der Symphoniker, das laut Zeitungsbericht „beschämend schlecht besucht“ gewesen sein soll. Die Menschen hatten damals wohl andere Sorgen, sie litten massiv unter den Wirren des Krieges und der strengen Rationierung der Lebensmittel.
Beeindruckende Sprache, klug ausgewählte Musik
Besonders treffend: Bühler und Clemens spielen (mit Reclam-Heft in der Hand) eine Szene aus „Des Meeres und der Liebe Wellen“ von Franz Grillparzer – also aus jenem Stück, das am 15. April 1919 als erstes vom fest angestellten Ensemble des Theaters an der Königsallee aufgeführt wurde. Grillparzers Klang der Sprache beeindruckt bis heute.
Im Schauspielhaus steigt die große Geburtstagsfeier
Die 100-Jahr-Feier geht mit zahlreichen Konzerten, Vorträgen und Aufführungen noch bis Juli weiter. Höhepunkt ist das Jubiläums-Festwochenende vom 11. bis 14. April.
Zunächst wird am 11. April im Stadtarchiv ein Blick auf das rege Kulturleben von 1914 bis 1918 geworfen. Am 13./14. April öffnet das Schauspielhaus seine Pforten für alle Besucher zur großen Geburtstagsfeier. Unter den Gratulanten ist Claus Peymann.
Dazu gibt es Musik – und zwar klug ausgesuchte: Mitglieder der Symphoniker und des Jugendsinfonieorchesters der Musikschule spielen etwa die Ouvertüre aus Beethovens „Fidelio“ – beherzt angeführt von Dirigent Norbert Koop, dem künftigen Leiter der Musikschule. GMD Steven Sloane selber führt sein Orchester schließlich durch die schwelgerisch-verträumten Klänge aus Dvoraks „Aus der neuen Welt“.
Dass Johan Simons seine Teilnahme aus familiären Gründen kurzfristig absagen musste, ist schade. So werden die Zuschauer beim lautstarken Beifall am Ende um das perfekte Schlussbild gebracht. Sloane und Simons, Arm in Arm auf der Bühne – das wäre zweifellos das Sahnehäubchen auf diesem Abend gewesen. Doch das Jubiläumsjahr ist noch jung...