Bochum. Impressionen aus der „Penthesilea“-Premiere im Schauspielhaus Bochum. Mit Sandra Hüller gehört eine Top-Schauspielerin dem Bochumer Ensemble an.
Wieder ausverkauft hieß es auch bei der vierten großen Premiere der neuen Spielzeit: Das Publikum feierte Johan Simons’ „Penthesilea“ mit prasselndem Beifall und Bravo!-Rufen für die zwei Schauspieler Sandra Hüller und Jens Harzer. Mit der Aufführung hat das „neue“ Schauspielhaus seinen noch jungen Ruf als Spielstätte für künstlerisch hoch anspruchsvolles Theater bestätigt (siehe Rezension im Hauptteil dieser Zeitung).
Etwas anderes war von Intendant Johan Simons aber auch nicht zu erwarten. Zum einen ist der Niederländer als ein Theatermacher bekannt, der knalligen Effekten zutiefst misstraut und der die Bühne als Spiegelbild einer Welt begreift, in der vieles im Argen liegt. Der aber gleichwohl unverbrüchlich an die läuternde Kraft der Aufklärung und der Liebe glaubt. Beides fällt in seiner düsteren „Penthesilea“ zusammen. Angesicht der Trauer, die das blutige Ende bietet, bleiben die glücklichen Momente der innigen Zärtlichkeit zweier Menschen, die sich wie magisch angezogen fühlen, umso heller haften.
Nur zwei oder drei Aufnahmen im Monat
„Penthesilea“ wird nur wenig im Spielplan sein, jeweils zwei oder drei Aufnahmen pro Monat, was der Besetzung geschuldet ist. Jens Harzer ist „nur“ Bühnengast in Bochum, da gilt es, geschickt zu disponieren. Schließlich ist der 1972 geborene Mime aktuell einer der gefragtesten Darsteller und im Übrigen seit 2009 festes Ensemblemitglied am Thalia in Hamburg. Glücklichst schätzen darf sich Bochum, dass Sandra Hüller dem neuen Ensemble angehört!
Schauspielerin des Jahres
Die Künstlerin (*1978) ist der Öffentlichkeit eher als Film- denn als Bühnenschauspielerin ein Begriff.
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Mit Maren Ades „Toni Erdmann“, in dem Hüller die weibliche Hauptrolle neben Peter Simonischek spielte, war sie 2016 im Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes vertreten. Auch in dem Berlinale-Film „In den Gängen“ wirkte sie mit. Dass sie auch und gerade eine überragende Bühnenaktrice ist, belegt die Tatsache, dass die 40-Jährige schon 2012/2013 „Schauspielerin des Jahres“ war .
Vorfreude auf „Bilder deiner großen Liebe“
Was nun Simons’ „Penthesilea“ angeht, hat der Abend viele starke Momente, aber die unglaublichsten Augenblicke gehen auf Sandra Hüllers Konto. Etwa, wenn sie für Augenblicke schlafend auf der grellen Lichtleiste des Bühnenbodens liegt – eben noch die hoch aggressive Amazone, jetzt ein friedliches Geschöpf, verletzlich, schutzlos.
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Ohne sich zu rühren, rührt Sandra Hüller das Publikum ans Herz. Oder wenn sie am Ende in einem packenden Monolog, der vorn an der Rampe direkt ins Publikum abgefeuert wird, Penthesileas Liebe und Leid nochmals herausschreit. Sehr ergreifend, das ist große Darstellungskunst!
So darf man sich auf den 22. November und „Bilder deiner großen Liebe“ in den Kammerspielen freuen. Tom Schneider hat das literarisches Roadmovie auf Basis des bekannten Buches von Wolfgang Herrndorf als Konzert, Schauspiel und Erzählung inszeniert. Mit Sandra Hüller als Isa, ein Vagabund der Sehnsucht.