Bochum. Eine Untersuchung zeigt, dass antisemitische Äußerungen im Netz zugenommen haben. Politiker wollen nun mit schärferen Gesetzen dagegen vorgehen.
Politiker verschiedener Parteien haben sich für ein schärferes Vorgehen von Politik und Justiz gegen antisemitische Äußerungen im Internet ausgesprochen. Obwohl die Täter durch Angabe ihres Namen oder der Adresse oft sogar zu identifizieren seien, verlaufe der Großteil der Strafanzeigen ergebnislos, sagte die Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau am Donnerstagabend bei einer Diskussionsveranstaltung in Bochum. Die Linken-Politikerin forderte, Staatsanwälte und Polizisten auf diesem Gebiet besser zu qualifizieren und auszustatten.
Nach Ansicht des früheren Grünen-Politikers Volker Beck macht, Antisemitismus im Internet reale Gewalt erst denkbar und bereitet sie vor. «Aus Worten werden Taten», sagte Beck, der von 1994 bis 2017 für die Grünen Mitglied im Deutschen Bundestag war. Noch vor zehn Jahren hätten Staatsanwaltschaften Online-Drohungen zu Recht nicht vorrangig verfolgen können. Heute sei dies allerdings zwingend nötig, betonte Beck. «Hier muss der Rechtsstaat klare rote Linien setzen.»
Studie: Zunahme antisemitischer Äußerungen im Netz
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Der ehemalige Leiter des ARD-Studios in Tel Aviv, Richard Schneider, hofft, dass antisemitische Kommentare in den sozialen Netzwerken der Bevölkerung als Weckruf dienen. Es gebe in Deutschland keine neue antisemitische Entwicklung, erklärte er. Hass gegenüber Juden habe es durchgängig - auch nach dem Nationalsozialismus - gegeben, sagte Schneider. Im Internet trauten sich die Menschen allerdings wieder ihre Anfeindungen öffentlich zu äußern, sagte der Journalist und Jude.
Eine Studie der Technischen Universität (TU) Berlin hatte ergeben, dass Hetze gegen Juden im Internet in den vergangenen Jahren massiv zugenommen hat. Die im Juli veröffentlichte Untersuchung des Fachbereichs Allgemeine Linguistik zeigt eine Zunahme von antisemitischen Äußerungen im Web von 7,51 Prozent im Jahr 2007 auf mehr als 30 Prozent im Jahr 2017.
Mehrere Hunderttausend Texte untersucht
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Zugleich hat sich die Sprache radikalisiert. Über die Hälfte der Anfeindungen (54 Prozent) sind dabei Stereotype des klassischen Antisemitismus, ein Drittel betrifft den Hass auf Israel (33,35 Prozent) und in über zwölf Prozent der Fälle wird der Holocaust relativiert oder angezweifelt. Untersucht wurden mehrere Hunderttausend Texte und Kommentare im Netz mit Bezug zu Judentum und Israel.
Das NRW-Israel-Forum findet seit 2007 auf Initiative von «Herausforderung Zukunft» statt. Mit der Veranstaltung will das Projekt, das sich als Dialog-Plattform versteht, die deutsch-israelischen Beziehungen diskutieren und ein Zeichen für Solidarität mit dem Staat Israel setzen. (epd)