Bochum. . Pro Familia und Donum Vitae kritisieren den umstrittenen Paragrafen. Er verbietet Ärzten, online über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren.

Wer sich durch die Internetauftritte gynäkologischer Praxen in Bochum klickt, wird auch auf den bestsortierten Seiten eines nicht finden: die Information, ob in besagter Praxis Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden. Paragraf 219 a des Strafgesetzbuches verbietet Ärzten, diese Information publik zu machen.

Erst vor wenigen Wochen war eine Gynäkologin in Gießen wegen Verstoßes gegen das sogenannte „Werbeverbot“ zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Während Anfragen an Bochumer Ärzte mit der Bitte um eine Stellungnahme zu dieser Thematik unbeantwortet blieben, protestieren die hiesigen Beratungsstellen umso lauter gegen das aus ihrer Sicht unzeitgemäße und überflüssige Verbot.

Pro Familia fordert Abschaffung des Paragrafen

So fordert Pro Familia die Abschaffung des Paragrafen 219 a: „Das Gesetz verhindert eine unabhängige und neutrale Information“, sagt Dorothee Kleinschmidt, die bei Pro Familia schwangere Frauen berät.

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Ärzte dürften ohnehin nicht im klassischen Sinne für ihre Leistungen werben. Es sei also absurd zu glauben, eine Frau entscheide sich deshalb für eine Abtreibung, weil ein Arzt auf seiner Internetseite darüber informiere. „Frauen, die ihre Schwangerschaft abbrechen, haben vielfältige schwerwiegende Gründe“, so Kleinschmidt.

Beratungsgespräch ist verpflichtend

Schwangere Frauen, die über einen Abbruch nachdenken, müssen nach Feststellung der Schwangerschaft zunächst an einem verpflichtenden Beratungsgespräch teilnehmen. Im Anschluss daran bekommen sie die Information, welche Praxis sie wegen des Abbruchs aufsuchen können, müssen dort zunächst einen Termin für die Voruntersuchung, und dann einen weiteren für den Eingriff machen. Dadurch vergehe in manchen Fällen unnötig viel Zeit bis zum eigentlichen Abbruch, sagt Dorothee Kleinschmidt.

Denn die Zahl der Ärzte in NRW, die den Eingriff durchführen, hat sich laut Pro Familia in den vergangenen fünf Jahren um ein Drittel reduziert. Für Bochum bedeutet das: Lediglich in einer Wattenscheider Praxis werden noch Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt, eine weitere Praxis in der Innenstadt berät Patientinnen nur und nimmt die Eingriffe in Witten vor. Nicht nur das Werbeverbot, auch das gesellschaftliche Klima mache es den Ärzten zunehmend schwer, meint Kleinschmidt.

„Ärzte werden in die kriminelle Ecke gedrängt“

Auch beim Verein Donum Vitae sprechen sich die Beraterinnen allesamt gegen das Werbeverbot aus. „Die Beratungspflicht finden wir wichtig, doch das Werbeverbot sollte modifiziert oder gleich ganz abgeschafft werden“, sagt die Beraterin Iris Rüsberg-Steinke. Für Frauen sei es aufgrund des Paragrafen 219 a nicht nur schwer, einen Arzt zu finden, sondern auch, sich überhaupt über den Eingriff und die verschiedenen Möglichkeiten zu informieren.

Einerseits müsse es jemanden geben, der die Abbrüche durchführt, andererseits würden Ärzte in eine „kriminelle Ecke gedrängt“, kritisiert die Vereinsvorsitzende Katharina Pellens. Gegen reine Informationen könne es keine moralischen Bedenken geben, so Iris Rüsberg-Steinke. „Doch das Gesetz trennt nicht scharf zwischen Information und Werbung.“