Bochum. . Demonstranten sind in Bochum gegen die Ruhrtriennale-Intendantin auf die Straße gegangen. Carp verteidigte die Einladung der umstittenen Band.
Der Ärger um die Ruhrtriennale geht weiter: Aus Protest gegen die neue Intendantin, Stefanie Carp, sind nach Polizeiangaben am Samstagnachmittag rund 250 Demonstranten vor dem Festivalzentrum aufgezogen. Dagegen zeigte das linke Internationalistische Bündnis seine Solidarität mit der schwer in der Kritik stehenden Festivalleiterin. Daran beteiligten sich nach Angaben der Polizei eine kleinere Gruppe von etwa 30 Sympathisanten. Beide Proteste blieben friedlich.
„Kein Support des BDS mit öffentlichen Mitteln“
Unter dem Motto „Kein Support des BDS mit öffentlichen Mitteln“ äußerte die jüdische Aktivistin Malca Goldstein-Wolf ihren Unmut gegen Carps Festivaleinladung der schottischen Hip-Hop-Band „Young Fathers“, die aus Sicht der Demonstranten mit der Israel-kritischen Bewegung BDS sympathisiere. Auch die Besetzung einer Talkrunde unter dem Titel „Free Speech“, die im Anschluss an die Demo in der Turbinenhalle stattfand, wurde von den Demonstranten kritisch gesehen. Viele israelische Flaggen wurden auf dem Vorplatz geschwenkt.
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Goldstein-Wolf freute sich über den großen Zuspruch: Aus ganz Deutschland seien die Demonstranten zur Jahrhunderthalle gekommen. „Ich bin überwältigt, dass so viele von euch für Israel und gegen die mächtigen Feinde der Juden stehen“, sagte sie. Die BDS-Bewegung, so Goldstein-Wolf, spreche Israel das Existenzrecht ab und würde das neue „Kauft nicht bei Juden“ propagieren. Dass sich Carp von dieser Bewegung nicht eindeutig distanziere, sei „nicht akzeptabel“.
Wessel: „Rettet die Ruhrtriennale!“
Elio Adler von der „Werteinitiative“ sagte, dass es für Stefanie Carp leicht gewesen wäre, sich nach der Einladung, Ausladung und Wiedereinladung der „Young Fathers“ klar von der BDS-Bewegung zu distanzieren. Aber das habe sie nicht getan. „Ihr Gebaren ist kein großer politischer Fall, aber ein kleiner, schäbiger Akt von Antisemitismus.“
Dass mit dem Komponisten Elliott Sharp und dem Choreographen Alain Platel zudem zwei BDS-Befürworter an der Talkrunde in der Turbinenhalle teilnehmen würden, stieß bei den Demonstranten auf besondere Ablehnung: „Hier werden zwei BDS-Unterstützer mit Steuergeldern eingeflogen. Das ist schier unerträglich“, so Elio Adler.
Thomas Wessel, evangelischer Pfarrer der Christuskirche, warnte vor den „völlig neuen Freunden“, die die Ruhrtriennale hier gewonnen habe. „Dieses stolze Festival, groß und großartig, über so viele Jahre von so vielen Menschen aufgebaut, ist von BDS gekapert, das Haus demoliert“, so Wessel. „Daher mein Appell an die Stadt: Rettet die Ruhrtriennale! Gebt Antisemitismus keinen Raum.“
Linke Gruppen zeigen Solidarität
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Sauber von der Polizei getrennt signalisierten auf dem Platz vor der Jahrhunderthalle das Internationalistische Bündnis sowie andere linke Gruppen wie MLPD und Solidarität International ihre Unterstützung für Intendantin Carp. Unter dem Motto „Solidarität mit dem palästinensischen Volk ist gerechtfertigt und kein Antisemitismus“ stärkten sie der Festivalleiterin den Rücken: „Wir möchten Sie bestärken, sich nicht von der diffamierenden, unsachlichen Stimmungsmache und dem politischen Druck unterkriegen zu lassen“, hieß es in einem offenen Brief, der auf dem Festivalgelände verteilt wurde.
Sprecher Clemens Böttigheimer sah seine Aktion nicht als Gegen-Demo, sondern vielmehr als Solidaritätskundgebung: „Es ist notwendig, Frau Carp vor dem Vorwurf des Antisemitismus in Schutz zu nehmen“, sagte er und äußerste Kritik an der Politik der israelischen Regierung, die er als „rassistisch“ bezeichnete. Der Auftritt der „Young Fathers“ gehöre für ihn zur Meinungsfreiheit: „Ich finde es schade, dass die Band abgesagt hat.“
Intendantin verteidigt Einladung der umstrittenen Band
Derweil verteidigte die Intendantin der Ruhrtriennale die Einladung der umstrittenen Band "Young Fathers" verteidigt. Es sei ein Fehler gewesen, die schottische Band wieder auszuladen, sagte sie am Samstag in Bochum bei einer Podiumsdiskussion über die Freiheit der Kunst. Sie wolle Künstler auch dann als Mitwirkende gewinnen können, wenn diese eine Kampagne unterstützen, die sie selbst verwerflich finde.
Zugleich äußerte Carp generelle Zweifel an Boykottstrategien. In der überfüllten Turbinenhalle in der Jahrhunderthalle kam es zeitweise zu turbulenten Szenen und Brüllattacken aus dem Publikum. "Kunst sei dazu da, so etwas auszuhalten", sagte Carp. (mit epd)