Bochum. . Seit 25 Jahren lebt und arbeitet Matthias Reckert in der ehemaligen Maschinenhalle Friedlicher Nachbar. Sein Steckenpferd sind Messen vor Ort.

Das „Wohnzimmer“ von Matthias Reckert ist groß, sehr groß. Er kann darin Kunstwerke restaurieren, Autos auf Vordermann bringen und sogar Messen veranstalten. Seit 1994 wohnt und arbeitet er in der Zechenhalle Friedlicher Nachbar. Damit verwirklicht sich Bochums Daniel Düsentrieb einen Traum, den wohl viele haben.

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Lange Zeit lebt der ehemalige Sylter ein verhältnismäßig gewöhnliches Leben. Nach seinem Kunststudium in Bremen hat er Frau und Kind und besitzt eine Töpferei. „Ich habe das klassische Leben erlebt“, erinnert er sich an diese Zeiten. Doch schon damals treibt ihn das Ungewöhnliche an: Als Gitarrist tourt er durch Deutschland, er eröffnet ein selbstverwaltetes Jugendzentrum.

10 000 Kilometer durch das Ruhrgebiet

Anfang der 90er Jahre kommt dann der Bruch. Reckert entscheidet sich, umzuziehen – in eine Halle. „Ich wollte schon immer so eine Halle haben“, so der Designer. Kurz darauf fällt die Entscheidung für den „Pott“ als seine künftige Wahlheimat. Das Ruhrgebiet kennt er, unter anderem aus seiner Lektüre der Arbeiterliteratur. „Ich bin dann 10.000 Kilometer im Ruhrgebiet ‘rumgefahren und habe mir so viel angeschaut, wie ich nur konnte.“

Keramiken stehen im Mittelpunkt

Künstlerisch beschäftigt sich Matthias Reckert meist mit wetterfester Baukeramik, besonders mit Stelen. Dazu kommen auch Accessoires, Keramikschmuck und Stahlobjekte.

Sein neustes Werk heißt „Weltraum“, ein im Innern mit Spiegeln bestückter Kubus. In ihm entsteht so ein unendlicher, dunkler Raum, wie das Weltall. Der Clou: Der Innenraum ist nicht einzusehen.

Zu finden ist die Zechenhalle Friedlicher Nachbar im Deimketal 9 in Linden.

Die Erfüllung seiner Träume findet der Künstler nach vier Jahren Suche in der Zechenhalle Friedlicher Nachbar. Auf 1000 Quadratmetern kann er sich voll entfalten. Und seitdem ist der Name Friedlicher Nachbar fest mit dem Künstler verbunden.

Die eigentliche Wohnung des 70-Jährigen ist verhältnismäßig klein. Als Wohnraum hat er lediglich die ehemaligen Büroräume bezogen. Wirklich beeindruckend ist der überdachte Vorraum oder das „erweiterte Wohnzimmer“, wie es der Hallenbesitzer nennt. Autos stehen in dem riesigen Saal, Werkzeuge, Kunstwerke. Und drumherum gibt es noch Unmengen an Platz. Wie ein riesiges Spielzimmer wirkt die ehemalige Maschinenhalle.

Designmesse in der Zechenhalle

Anfangs dient das Gebäude dem Kreativen dazu, Keramik und andere künstlerische Produktionen herzustellen. Doch mittlerweile hat sich das Angebot in der Halle stark gewandelt. Beispielsweise werden hier auch Malkurse angeboten. „Mein persönliches Steckenpferd sind aber die Messen“, sagt Reckert. Eine der bekanntesten dürfte die Designmesse Formart sein, die jedes Jahr hier ein Zuhause findet.

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Veranstaltungen wie diese braucht es, denn der Wahlbochumer hält die Halle selbst und aus eigenen Mitteln in Schuss. „Mittlerweile verbringe ich mehr Zeit mit Hausmeistertätigkeiten als mit der Arbeit“, so Reckert. Ständig müsse etwas repariert, saniert oder aufgeräumt werden.

„Nirgendwo so gut gelebt wie hier“

„Aber ich habe noch nirgendwo so gut gelebt wie hier“, sagt er stolz. Und auch das Ruhrgebiet ist ihm ans Herz gewachsen. Nur ein wenig Kunstnachhilfe brauche es bei den hiesigen Menschen noch, davon ist der 70-Jährige überzeugt.

Ein nächstes Projekt hat der Künstler auch schon im Kopf. Er möchte einen Bürocontainer entwerfen, der alles zum Leben auf kleinstem Raum beinhaltet – ein Gegenentwurf zur riesigen Halle. Genügend Platz für so ein Projekt hat er schließlich.