Bochum. . Die Wiederaufnahme des Ruhr Jazz Festivals übertrifft alle Erwartungen. An drei Tagen konnte man im Museum Bochum vibrierende Erfahrungen machen.

Die Wiederaufnahme des Ruhr Jazz Festivals hat alle Erwartungen übertroffen – eine vibrierende Musik-Szene gab sich im Kunstmuseum die Klinke in die Hand.

„Damals waren wir noch junge Leute“, erinnerte sich der englische Saxofonist John Butcher am Wochenende an Bochum in den 80ern. 1985 wurde das erste Ruhr Jazz Festival unter Festivalleiter Ulli Blobel mit Georg Graewes „Grubenklang Orchester“ eröffnet. Das RJF behauptete über 13 Jahre Bochum als wichtigen Standort auf der Jazz-Landkarte; damals noch übertragen/unterstützt vom WDR.

22 Jahre nach der letzten Ausgabe hat Blobel wieder ein dreitägiges Festival auf die Beine gestellt. Mühelos konnte er an alte Größen anknüpfen – und erzielte gute Besucherzahlen. „Ich wollte eine breit gefächerte Szene des aktuellen Jazz darstellen“, so Blobel.

Lockere Festival-Stimmung

Mit dem Programm bewies er ein gutes Händchen. Der Samstag und der Sonntag waren ausverkauft, Festivalstimmung kam auf. Das sehr gemischte Publikum stöberte am CD-Tisch, die eindrucksvolle Jazzfotografie von Heinrich Brinkmöller-Becker rief Konzerterinnerungen großer Jazz-Meister in Erinnerung, auch vor dem Museumseingang machte es sich das Publikum an Tischen bequem.

Viel Lob des Publikums

Der Bochumer Schlagzeuger Martin Blume, Mit-Veranstalter des Festivals und anderer Reihen für Improvisierte Musik, überzeugte im Trio mit dem Briten John Butcher (Saxofon) und dem Niederländer Wilbert de Joode (Bass). Es war ein Improvisationserlebnis größtmöglicher Intensität. Ein Highlight!

Viel Lob des Publikums für die Wiederaufnahme des Ruhr Jazz Festivals – 2019 ist in Planung.

Die Besetzungsliste zeigte großen Aufwand. Mit dem Wolfgang Schmidtke Orchestra und Jan Klares dezibelstarkem „The Dorf“ waren große Ensembles der Big-Band-Tradition vertreten. Während Klares Sound irgendwo zwischen Rock und Improvisation schwebte, hielt Schmidtke mit einem Monk-Programm das Jazz-Erbe hoch.

Klarinetten-Legende spielt mit 89 Jahren

Ungewöhnliche Besetzungen auch innerhalb der Ensembles sorgten für Erstaunen. So versorgte das skandinavische Trio „The Thing“ den Saal mit ausgiebigem Powerplay – gemeinsam mit einem sehr unaufgeregten James „Blood“ Ulmer! Die US-Gitarristenlegende mit Wurzeln im Blues und Free Funk fand mit dem Ensemble aus dem Norden zu einer vor Kraft strotzenden, irritierenden Spielart des Blues.

Ingebrigt Häker-Flaten, Kontrabassist bei „The Thing“.
Ingebrigt Häker-Flaten, Kontrabassist bei „The Thing“. © Dietmar Wäsche

Scharfe Kontraste zeigte auch das Spiel der Klarinetten-Legende Rolf Kühn (89) mit einem jungen Berliner Trio, darunter der technisch brillante Schlagzeuger Christian Lillinger. Das italienische Duo Gianluigi Trovesi (Klarinette) und Gianni Coscia (Akkordeon) berief sich poetisch auf die Tradition der Canzone – und bezog so manchen Evergreen mit ein. Pianistin Julie Sassoon zeigte im Quartett „Fourtune“ intelligenten, grübelnden Modern Jazz, und reflektierte musikalisch ihre deutsch-jüdische Herkunft.

Zum Wiedersehen der wichtigsten lokalen Jazz-Protagonisten wurde das Festival dank Martin Blume als weiterem Kurator. Das Duo Eckard Koltermann/Theo Jörgensmann war schon in der ersten Stunde des RJF 1985 mit dabei. Das rhythmisch diffuse Interplay zwischen Klarinette und Bassklarinette entwickelte im Saal eine sagenhafte Klanglichkeit – die Meisterschaft des Duos ist eindeutig auch das Resultat einer langen gemeinsamen Geschichte. Hier denkt man an die viel beschworene Innovationskraft des Ruhrgebiets.