Bochum. . 1868 gründete Friedrich Lueg eine Wagenfabrik. Sein Sohnsetzt 1902 auf das Auto und begründet damit die Ära Bochums als Autostadt.
Überall Autos. Hunderte. Alle mit dem Stern auf der Kühlerhaube. Aber eines sticht heraus im Showroom der Fahrzeugwerke Lueg an der Altendorfer Straße in Essen. Ein Mercedes-Benz 170V, gebaut in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg im Lueg-Autowerk in Langendreer; lange bevor Opel nach Bochum kam und damit vermeintlich die Geschichte Bochums als Autostadt begründete.
Die ist nämlich viel älter, wie ein Blick auf Fahrer- und Beifahrertür des besagten Oldtimers verrät: Lueg - seit 1868, steht dort. 150 Jahre alt ist das einst als Hersteller von Kutschen in Bochum gegründete Unternehmen, das seinen Firmensitz immer noch in der Stadt hat. „Wir haben mal in Bochum angefangen, deshalb ist unsere Zentrale immer noch in der Stadt. [Klicken Sie sich durch 150 Jahre Lueg-Geschichte]
Aber wir machen heute, wenn ich die Marke Mercedes betrachte, fast 50 Prozent unseres Umsatzes in Essen“, erklärt Jürgen Tauscher (64), Vorstandsvorsitzender der Lueg AG.
Lueg ist 2017 siebtgrößter Autohändler
Und dieser Umsatz ist gewaltig. Mit 880 Millionen Euro Geschäftsvolumen ist Lueg 2017 zum siebtgrößten deutschen Autohändler aufgestiegen. Seit 1914 besteht die Verbindung zu Daimler Benz, Lueg ist der größte Vertriebs- und Servicepartner der Daimler AG in Deutschland. Längst werden unter dem Dach des Konzerns aber auch andere Marken gehandelt: Volvo, Opel, Ferrari, Maserati, Smart. In 34 Niederlassungen arbeiten etwa 1400 Mitarbeiter für das Unternehmen – vorwiegend im Ruhrgebiet und in Westsachsen, wo Lueg nach der Wende 1989 Fuß gefasst hat.
Mit ihnen, mit zahlreichen ehemaligen Beschäftigten und mit der vielköpfigen Eigentümerfamilie haben sie vor einigen Wochen den 150. Geburtstag gefeiert. Mehr als 2000 Menschen füllten die Jahrhunderthalle. Dass die Wahl auf das Industriedenkmal am Westpark fiel, ist kein Zufall. Sie ist eng mit der Firmengeschichte verbunden.
Die Halle stand, bevor sie 1903 in Bochum aufgebaut und vom Bochumer Verein jahrzehntelang als Gebläsehalle genutzt wurde, 1902 auf der Gewerbe- und Industriemesse in Düsseldorf. „Dort hat Friedrich Oscar Lueg seine Kutschen ausgestellt und entschieden, Autohändler zu werden“, erzählt Konzern-Chef Tauscher. „Daher haben wir gesagt, das ist der ideale Ort für unsere Familienfeier.“
Es waren mutige Entscheidungen wie diese, statt auf die bewährten Kutschen auf das noch junge Verkehrsmittel Automobil zu setzen, die die Erfolgsgeschichte Luegs kennzeichnen. Entscheidungen wie später der Bau des ersten Hochhauses im Ruhrgebiet am heutigen Bermuda-Dreieck (1925), der schnelle Wiederaufbau nach dem Krieg mit dem Umzug der Karosserie-Abteilung in Hallen des Bochumer Vereins nach Langendreer (1946) oder die Investition von zwölf Millionen Euro in eine neue Informationstechnik vor zehn Jahren.
Das Unternehmen hat ehrgeizige Wachstumsziele
„Da ging es uns nicht gut. Und eigentlich konnten wir uns diese neue IT gar nicht leisten. Aber mit Hilfe der Gesellschafter haben wir uns entschieden, uns nicht zurückzuziehen, sondern in die Zukunft zu investieren“, erinnert sich Jürgen Tauscher. Der Schritt war gewagt – und richtig. Das Unternehmen wächst seit Jahren und hat ehrgeizige Ziele. Tauscher: „Unser strategisches Ziel ist es, Lueg in den nächsten fünf Jahren zu verdoppeln.“
Und dafür sind neue mutige Entscheidungen nötig, zumal sich der Autohandel nach Einschätzung des Konzernlenkers „in den nächsten fünf bis zehn Jahren so dramatisch verändern wird, dass das was wir in den letzten 100 Jahren erlebt haben, wahrscheinlich komprimierbar ist auf 20 Jahre.“ Autohandel und Service werden die Basis des Geschäfts bleiben. Aber sie werden schrumpfen und an ihre Stelle neue Geschäftsmodelle treten.
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Dazu gehört etwa das Diagnosezentrum für den Internethändler Amazon in Riemke. Auch Elektrotransporter will Lueg bald ausliefern und gemeinsam mit Innogy Ladestationen errichten. Denn: Der Markt wird sich wandeln. Von den heute 7000 Händlern in Deutschland werden in fünf Jahren nicht einmal mehr die Hälfte übrig sein, schätzt die Branche. Statt fünfeinhalb Mal, wie vor zehn Jahren, werde ein Kunde nur 1,5 Mal ein Autohaus besuchen, ehe er sich für ein Fahrzeug entschieden hat.
Online Auftritt werde immer wichtiger
Das hat Konsequenzen: Der Online-Auftritt, das schnelle und kompetente Reagieren auf Anfragen, werde immer wichtiger. Jürgen Tauscher ist sich sicher, dass es auch in seinem Haus deutliche Veränderungen geben wird. Doch glaube Lueg an die Bedeutung von Autohäusern. „Wir investieren in sie einen zweistelligen Millionen-Betrag.“
Der Vorstand weiß dabei die Eigentümer an seiner Seite – und schätzt, so Tauscher, dass die Aktionäre mit einer Stimme sprechen. Im Gesellschafterausschuss und im Aufsichtsrat, dem Christian Mahnert-Lueg seit zehn Jahren angehört, vertreten sie ihre Interessen. Nachdem jahrzehntelang starke Persönlichkeiten und Visionäre aus dem Hause Lueg die Geschicke der Fahrzeugwerke gelenkt haben, werden sie heute fremd gemanagt.
Die Erklärung dafür liefert Christian Mahnert-Lueg: „Wir haben gemeinsam als Familie entschieden, dass jeder außerhalb des Unternehmens Berufserfahrung sammeln sollte. Wir haben exzellente Mitarbeiter und die Familie ist über den Aufsichtsrat und Gesellschafterausschuss ausreichend nah an der Führung des Unternehmens beteiligt.“
Und was die Verortung eines der traditionsreichsten Handelshäuser im Revier betrifft, da gibt es aus Sicht des ersten Familienrepräsentanten im Unternehmen keine zwei Meinungen: „Bochum ist seit 150 Jahren Stammsitz von Lueg und wird es bleiben. Wir sind ein Bochumer Unternehmen und fühlen uns sehr wohl in der Stadt.“
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