Bochum. . Ein Traditionsunternehmen sieht Wachstumschancen im Vertrieb von Leitplanken und Sicherheitslösungen. Berg- und Tunnelbau sind Geschichte.
Wer den Namen Heintzmann hört, der denkt unweigerlich an Bergbau und Stahl. Jahrzehntelang war das Bochumer Traditionsunternehmen erfolgreicher Zulieferer der Montanindustrie. Mit seinen TH-Profilen hat es den Streb- und Tunnelbau im In- und Ausland auf eine neue Entwicklungsstufe gebracht.
Das ist Geschichte. Nach dem Verkauf der Bochumer Eisenhütte an der Klosterstraße durch ein Management-Buy-out an Rüdiger Oostenryck hat Heintzmann auch seine Tochterunternehmen der Branche im Ausland veräußert. „Das Kapitel ist beendet“, sagt Barbara Heintzmann, die geschäftsführende Gesellschafterin der 167 Jahre alten Firma, deren einzelne Teile unter dem Dach einer Holding zusammengefasst sind. „Jedes Unternehmen muss sich neuen Herausforderungen stellen und Umstrukturierungsprozesse vollziehen.“ Die Unwägbarkeiten nach dem Ausstieg Deutschlands aus dem Steinkohlebergbau seien zu groß, der Verkauf der Bergbau- und Tunnelsparte eine strategische Entscheidung.
Eine Branche mit Zukunft
Barbara Heintzmann setzt auf Verkehrssicherheit und Verkehrsleittechnik. Ein Bereich, der schon vor Jahren als zweites Standbein aufgebaut wurde und dem die Eignerin, die seit 15 Jahren die Geschicke des Traditionsunternehmens lenkt, die größten Entwicklungschancen einräumt. Es sei eine Branche mit Zukunft. „Das Geschäft läuft richtig gut. Deshalb habe ich mich für diese Seite entschieden“, sagt die 69-Jährige. Und auch auf besagter Seite spielen der Stahl und die Erfahrungen, die sie bei Heintzmann im Bergbau gemacht haben, eine gewichtige Rolle.
Hoch oben auf der Dachterrasse des Firmensitzes an der Bessemer Straße hat die Konzernlenkerin einen weiten Blick über Bochum und das Ruhrgebiet. Ein Blick, der wie ein Sinnbild zu stehen scheint für die Notwendigkeit, ein neues Kapitel in der Firmengeschichte aufzuschlagen.
Das Standbein „Straßenausstattung“ ist zwar nicht neu. Seit 35 Jahren beschäftigt sich die Firma mit der Verkehrsinfrastruktur und hat damit allein 2016 einen Umsatz in Höhe eines hohen zweistelligen Millionenbetrags erzielt. In Deutschland ist Heintzmann der zweit- oder drittgrößte Leitplankenhersteller, in Italien, Frankreich, den Beneluxländern, den USA und in Afrika erfolgreich vertreten. Neu ist, dass das wichtige Standbein nun das allerwichtigste geworden ist. In Afrika, wo das dortige Tochterunternehmen allein im Vorjahr 360 Kilometer Leitplanken installiert hat, gehe es noch um die Grundausstattung von Straßen und Autobahnen. In Europa sind längst sicherheitstechnische, vollautomatische Systeme gefragt, bei deren Herstellung Heintzmann mit Siemens und Bosch zusammenarbeitet.
Leitplanken-Notöffnungen für Rettungsdienste
Es geht etwa um die Möglichkeit, mithilfe von Leitplanken-Notöffnungen so schnell wie möglich Platz für Rettungsdienste zu schaffen. Ein System, das derzeit bei der Erneuerung der Sicherheitsausstattung auf der A52 am Tunnel Essen-Huttrop installiert wird. Ein anderes Beispiel: Bei der Rushhour kann vor Tunneln die Spurenbelegung verändert werden. „Das ist ein Riesenmarkt“, sagt Julie Heintzmann (39), die fürs Marketing und Messeauftritte im Haus zuständig ist und die wie ihre Schwester Catrin Heintzmann (40), eine diplomierte Architektin, allmählich in die Firmenleitung hineinwächst. In zwei Wochen wird sie das Haus bei der Intertraffic in Amsterdam, der Leitmesse für Verkehrstechnologie, vertreten.
Nach und nach einarbeiten
Die Geschicke lenkt aber weiterhin die Senior-Chefin. „So lange es mir gut geht und ich Freude habe, bleibe ich an der Spitze des Unternehmens“, sagt Barbara Heintzmann. „Meinen Töchtern möchte ich die Möglichkeit geben, sich nach und nach einzuarbeiten.“ Auch das ist wohl Weitsicht.
>>> 250 Mitarbeiter im gesamten Unternehmen
„Made by Heintzmann“ gibt es weiterhin, allerdings nicht mehr „made in Bochum“. Produziert werden die Leitplanken und Verkehrssicherheitssysteme nämlich im saarländischen Ottweiler, wo allein im Vorjahr dafür 50 000 Tonnen Stahl verarbeitet wurden. Und auch die Unterkonstruktion für große Solarparks, die das Unternehmen herstellt, kommen aus dem Saarland.
Verblieben sind in Bochum die Tüftler der Sparte Industries, die sich mit der Entwicklung neuer Produkte beschäftigen, die Holding und die Wohnungsgesellschaft. Alle Bereiche sind unter dem Dach der Heintzmann Holding zusammengefasst, an deren Spitze Barbara Heintzmann steht. Insgesamt hat das Unternehmen an all seinen Standorten etwa 250 Mitarbeiter.