Bochum. . Irre und existenzgefährdend seien mögliche Diesel-Fahrverbote, sagt ein Wattenscheider Spediteur. Die Grünen sehen die Schuld bei der Kanzlerin.

Auch in Bochum sind künftig Fahrverbote für Diesel grundsätzlich möglich. Das ergibt sich aus dem am Dienstag verkündeten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig.

„Das ist irre und existenzgefährdend“, sagte am Dienstag der Wattenscheider Spediteur Ewald Jäger über mögliche Diesel-Fahrverbote. „Da kann ich den Laden zumachen.“ Seine 40 Jahre alte Firma besitzt 35 Lkw und fünf Diesel-Pkw und beschäftigt 43 Mitarbeiter.

Stadtsprecher Thomas Sprenger erklärte nach dem Leipziger Urteil zwar: „Wir haben zahlreiche Maßnahmen, wie die Belastung in Bochum durch Diesel reduziert werden kann. Aber es besteht keine akute Notwendigkeit für Fahrverbote.“ Trotzdem ist Jäger offenbar skeptisch: Wenn in Deutschland einmal etwas auf den Weg gebracht sei, dann werde das auch umgesetzt - „egal wie widersinnig das auch ist“.

Hintergrund ist Stickoxid-Belastung

Hintergrund der Debatte ist die Stickoxid-Belastung, die mindestens an der Herner Straße in Riemke deutlich über den Grenzwerten liegt. Die mittlere Jahreskonzentration lag dort im Jahr 2016 mit 51 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft deutlich über dem Grenzwert, der bei 40 Mikrogramm liegt. Das kleine Messgerät, das diese Daten ermittelt hat, misst zwar bis heute weiter, aber diese Daten sind vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz bisher noch nicht ausgewertet und veröffentlicht worden. Ein zweites Gerät misst seit einiger Zeit an der Dorstener Straße, aber auch hier sind noch keine Daten publik.

Dieses Messgerät an der Herner Straße in Riemke misst Stickoxide.
Dieses Messgerät an der Herner Straße in Riemke misst Stickoxide.

Ausgangspunkt des Gerichtsverfahrens waren die Klagen der Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen die Luftreinhaltepläne der Städte Düsseldorf und Stuttgart. Bochum ist zwar noch nicht verklagt worden, allerdings sei eine Klage bereits angedroht worden, sagte am Dienstag Sebastian Pewny, in Bochum verkehrspolitischer Sprecher der grünen Ratsfraktion.

Diese habe 2017 im Stadtrat zwar „eine umfangreiche Bochum-Strategie ,Saubere Luft’“ auf den Weg gebracht. Aber: „Ob das reicht, eine Klage abzuwenden, ist ungewiss. Jetzt haben die Kommunen den Schwarzen Peter und werden möglicherweise zu Fahrverboten gezwungen. Auch Bochum droht das jetzt.“

Grünen-Politiker: Bundesregierung habe versagt

Die Bundesregierung, so Pewny, habe „politisch versagt“. Kanzlerin Merkel habe es versäumt, die Autoindustrie zur Hardwarenachrüstung der Fahrzeuge zu zwingen. „Fahrverbote gehen klar auf das Konto von Kanzlerin Merkel.“ Und weiter: „Ich denke, der heutige Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ist der Anfang vom Ende des Diesel-Verbrennungsmotors.“

Auch für die SPD ist ein Ende absehbar. „Es mag Übergangsfristen geben, aber alte Diesel werden aussortiert. Besser, man stellt sich darauf ein“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Matthias Schröder.

Dennis Rademacher, Ratsmitglied der Fraktion „FDP & Die Stadtgestalter“ und Mitglied im Ausschuss für Infrastruktur und Mobilität, erklärte: „Es ist ein Unding, wenn am Ende die Bürgerinnen und Bürger für das Fehlverhalten der Autoindustrie gerade stehen müssen“. Es läge aber auch an den Kommunen selbst, für einen umweltfreundlichen Verkehr zu sorgen. „Bochum muss sich massiv anstrengen, denn unsere Stadt weist im Vergleich mit anderen Städten einen überaus hohen PKW-Anteil aus, bei dem über die Hälfte aller Wege mit dem Auto durchgeführt werden.“ Rund 237 700 Fahrzeuge sind ın Bochum angemeldet – die Anzahl der Bewohner liegt bei rund 365 000.

Betroffen von einem Fahrverbot wären in Bochum rund 66.580 Diesel-Besitzer. Mit Diesel fahren auch die 228 Busse der Bogestra, darunter 15 mit einem zusätzlichen Elektroantrieb („Hybrid“). Was den Umweltschutz angehe, sei die Bogestra aber nicht das Problem, sondern die Lösung, sagt Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann und verweist etwa auf das Spritsparprogramm „Ribas“ in allen Bussen (Fahrer werden per Computer zu gefühlvollem Anfahren und Bremsen angehalten) und die angekündigte Anschaffung von 20 E-Bussen in den nächsten Jahren.

„Wir sind ein verlässlicher Partner für Mobilität, Klimaschutz und Luftqualität vor Ort. Das wird nicht nur so gesagt, sondern auch seit Jahren gelebt“, so Kollmann.