Bochum. In bisher 600 Fällen vertritt ein sechsköpfiges Anwaltsteam geschädigte Dieselfahrer. „In Bochum gewinnen Sie überwiegend, und dies leicht.“

Auch zweieinhalb Jahre nach Bekanntwerden der VW-Abgas-Affäre hat eine Bochumer Kanzlei noch alle Hände damit zu tun, Schadenersatzansprüche durchzusetzen. Rund 600 Fälle hat das sechsköpfige Team um Rechtsanwalt Jochen Struck von der großen Kanzlei Jordan Fuhr Meyer bisher auf seinem Schreibtisch gehabt. Er sagt: „Heute gewinnen Sie deutlich mehr als früher. Inzwischen ist es eher selten, dass man so richtig verliert.“

Die Kanzlei vertritt vor allem im Raum Bochum, aber auch in ganz NRW und darüber hinaus Autobesitzer, die von Händlern und auch direkt von VW verlangen, ihren manipulierten Diesel durch einen ganz neuen und mängelfreien zu ersetzen oder aber ihn wieder zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten, abzüglich der „Nutzungsentschädigung“ (Wertverlust durch gefahrene Kilometer).

Mehr als 10000 Klagen an den Gerichten anhängig

Laut VW sind mehr als 10 000 Klagen an Landgerichten anhängig, „soweit uns bekannt“. In mehr als 1000 Fällen haben Landgerichte bereits eine Entscheidung getroffen. Viele Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Weltweit seien fast sieben Millionen Dieselmotoren des Typs EA189 „erfolgreich umgerüstet“ worden, so VW über die Software-Updates, in Deutschland fast 2,1 Millionen Fahrzeuge.Zum Strafrechtlichen: Da spricht die Bochumer Kanzlei von „bandenmäßigem Betrug“ der Verantwortlichen.

Anfangs war ein Urteil zu Gunsten der Kläger eher die Ausnahme, weil die meisten Gerichte in den manipulierten Motoren keinen „erheblichen Mangel“ sahen; schließlich biete VW ja ein kostenfreies Software-Update für den Motor an, das den Abgasausstoß wieder unter die Grenzwerte bringen soll. Allerdings gibt es Zweifel, ob sich das Update nicht negativ auf die Motorleistung und den Kraftstoffverbrauch auswirkt. Daher haben viele Gerichte ihre Abwehrhaltung gegen die Verbraucherklagen abgelegt.

Am Bochumer Landgericht, sagt Anwalt Struck, seien fünf Zivilkammern mit solchen Klagen beschäftigt – und vier seien mittlerweile tendenziell kundenfreundlich. „In Bochum gewinnen Sie überwiegend, und dies leicht.“

Deutschlandweit ist die Rechtsprechung dazu zwar noch nicht einheitlich. Doch Struck sagt: „Es ist immer noch ein bisschen Flickenteppich, aber er hat eine freundliche Farbe bekommen.“ Rund die Hälfte aller Klagen seiner Kanzlei habe ganz oder großteils Erfolg gehabt. „VW ist einigungsbereiter geworden.“ Viele Klagen würden noch vor der zweiten Instanz mit Vergleich abgeschlossen.

Fälle sind noch nicht verjährt

„Der Skandal hat auch noch Potenzial für die Folgejahre“, betont Struck und verweist darauf, dass die Ansprüche der Autobesitzer gegen VW noch keineswegs verjährt seien; sie könnten noch das ganze Jahr 2018 geltend gemacht werden. Bei Ansprüchen gegenüber Händlern habe die Frist zwar Ende 2017 geendet, aber auch da gebe es Ausnahmen.

VW sieht die Erfolgsquote der Kläger keineswegs so gut wie Struck. Konzernsprecher Nicolai Staude: „In der ganz überwiegenden Mehrzahl der Verfahren – rund 70 bis 75 Prozent – haben die Gerichte klageabweisend entschieden und damit in vielen Fällen die Rechtsauffassung der Volkswagen AG beziehungsweise der beklagten Händler bestätigt.“ Und vor Oberlandesgerichten (OLG) seien ausschließlich Entscheidungen im Sinne von VW und der Händler erfolgt. Doch da widerspricht Struck und zitiert einen ganz anderslautenden OLG-Beschluss aus Köln.