Bochumer Gericht stärkt VW in der Abgas-Affäre den Rücken
•
Lesezeit: 3 Minuten
Bochum.. Im wohl ersten deutschen Prozess um die VW-Abgas-Affäre hat das Landgericht Bochum signalisiert, dass Händler die Diesel nicht zurücknehmen müssen.
Im VW-Abgas-Skandal müssen Hersteller und Händler die betroffenen Diesel-Fahrzeuge wohl nicht zurücknehmen. Diese Tendenz äußerte am Mittwoch das Bochumer Landgericht. Dort wurde erstmals seit Bekanntwerden der Affäre der Fall eines privaten VW-Besitzers in Deutschland verhandelt.
Der Eigentümer eines VW-Tiguan mit Zwei-Liter-Diesel-Motor hatte ein Bochumer Autohaus verklagt, damit es den Wagen wegen der manipulierten Abgaswerte zurücknehmen soll. Doch die 2. Zivilkammer scheint die Klage abschmettern zu wollen. Es bestehe zwar „eindeutig“ ein Mangel, aber er sei nicht erheblich genug, dass er zu einem Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigen würde, sagte Richter Ingo Streek. Der Mangel könne mit relativ geringen Mitteln abgestellt werden. Damit meinte er den Austausch bzw. das Update der Motorsteuerungssoftware. Das soll nur 100 Euro kosten und 30 Minuten dauern.
Der Kläger ist ein Uni-Professor aus Trier, der früher in Bochum gearbeitet und bei dem beklagten Autohaus regelmäßig neue VW gekauft hatte. Ein treuer Kunde. Zuletzt hatte er dort im Sommer 2014 zum Preis von fast 38 000 Euro einen neuen Tiguan tdi „4Motion“ erworben, denn er für relativ umweltfreundlich hielt. Als die Abgas-Affäre aber aufflog, wollte er sich von dem Wagen trennen, weil er zu viele Emissionen ausstieß. Wie sein Anwalt Dietrich Messler erklärt, habe das Autohaus aber auf mehrere entsprechende Anschreiben nicht reagiert. Und so landete der Fall bei Gericht.
„Der Verbraucher will keine Schummel-Software“
Der Kläger will jetzt noch mindestens 33 500 Euro für den Wagen (19 700 km) haben. Der Prozess, sagte Anwalt Messler auf dem Gerichtsflur, „hat eine erhebliche Signalwirkung“. Und er betonte: „Der Verbraucher will keine Schummel-Software. Alles ist sehr übel gelaufen.“
Im Gerichtssaal, der mit Medienvertretern randvoll gefüllt war, konnte er die Einschätzung von Richter Streek überhaupt nicht nachvollziehen. Er verwies auf die „Täuschung“ von VW und darauf, dass der Tiguan zurzeit wegen der Abgas-Affäre „unverkäuflich“ sei oder zumindest nur mit großem Verlust zu verkaufen sei – allein dies belege schon, dass doch ein „erheblicher“ Schaden vorliege. Zudem sei unklar, ob der Wagen nach dem Software-Update mehr Sprit verbrauche und noch dieselbe Leistung zeige.
Der Anwalt des beklagten Autohauses, Peter Lodde, bot – freiwillig – an, den Tiguan „zu einem marktgerechten Preis“ zurückzukaufen, wenn der Kläger dort einen neuen Wagen erwerbe. Kläger-Anwalt Messler machte dies vom Preis abhängig, den das Autohaus für den Tiguan zu zahlen bereit sei. Weil ein konkreter Preis während der Gerichtsverhandlung nicht zu ermitteln war, kam es zu keiner Entscheidung. Beide Parteien klären in den nächsten Tagen außergerichtlich, ob sie sich preislich einigen. Sollte dies nicht klappen, will die 2. Zivilkammer am 16. März ein Urteil verkünden. Und das scheint nicht im Sinne des Klägers auszufallen.
Messler glaubte aber schon vor der Verhandlung, dass sich im Falle eines Urteils in jedem Fall eine zweite Instanz mit der Klage beschäftigen werde, weil eine der beiden Seiten in Berufung gehen werde.
Insgesamt sind in Deutschland 2,6 Millionen Diesel des VW-Kontern von der Affäre betroffen.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.