Im KGV Bochum-Riemke e.V. surft man kostenlos im Internet. Wie die Kleingärtner mit Freifunk-Technik knapp 90.000 Quadratmeter vernetzten.
Der Kleingärtnerverein Bochum-Riemke e.V. ist schon ein wenig stolz, auf seine besonders in der Sommerzeit gepflegten Parzellen – und auf sein WLAN-Netz. Etwa drei Viertel der Anlage an der Tippelsberger Straße sind seit letztem Jahr miteinander vernetzt.
Das sind knapp 380 Parzellen auf insgesamt 90 000 Quadratmetern. Neben Schüppe und Rosenschere, sieht man die Schrebergärtner nun immer häufiger mit Tablet und Smartphone.
Generationenwechsel ein Grund für Netzwerk-Idee
„Der Vorstand war sofort von der Idee begeistert, ein eigenes Netzwerk aufzubauen“, erzählt Marek Nierychlo, der sich um die Technik kümmert und das Projekt mit vorangetrieben hat. Grund dafür war auch die steigende Nachfrage junger Familien und ein Blick in die Zukunft der Kleingärtnerei.
Fakten zum Freifunk-Netz
„In den Kleingärten vollzieht sich allmählich ein Generationenwechsel. Für junge Leute ist der Internetzugang in den Parzellen ein wichtiger Anreiz, zu uns zu kommen“, weiß Vorsitzender Manfred Arnold.
Ins Rollen gebracht hat das ganze Projekt Freifunker André Kasper. Seine Wohnung liegt nur 100 Meter entfernt, mit bester Sicht auf das Gelände. 2015 ist er einfach mal rübergegangen und hat gefragt, ob er nicht etwas von seiner Internetverbindung zur Verfügung stellen könne.
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Da gäbe es so eine Möglichkeit einen kostenlosen Internetzugang einzurichten – drahtlos. Dass der Vorstand direkt so wohlwollend reagieren würde, hätte Kasper allerdings nicht gedacht. Der deutsche Kleingärtner gilt ja nicht gerade als Freund von Veränderungen.
Pflanzen sind Funksignal-Störer
„Viele haben sich am Anfang schon gefragt, wofür sie das brauchen“, erzählt Marek Nierychlo. „Mittlerweile wissen aber alle zu schätzen, dass ihnen jederzeit das Internet kostenlos zur Verfügung steht.“ Gerade Ältere würden zuhause immer mehr im Netz surfen und ein Smartphone besitzen, hätten aber nicht unbedingt eine mobile Internet-Flatrate, so Nierychlo.
Doch bis der Traum vom eigenen Garten-Netz in Erfüllung gehen konnte, gab es einige Herausforderungen zu meistern. Hinderlich war besonders das Grün in der Anlage. Hecken, Obstbäume, Pflanzen und Co. speichern viel Wasser und erwiesen sich damit als unerwünschte Störquellen für die Funksignale des WLAN-Netzes..
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Aufgrund der Größe des Geländes, bedurfte es dabei zudem einer besonderen technischen Lösung: „Es mussten zunächst weitere Anwohner in den umliegenden Wohnungen gefunden werden, die in die Anlage senden“, sagt Manfred Arnold. Als die gefunden waren, wurden zusätzlich Verstärker installiert und Antennen auf Strom- und Fahnenmasten angebracht, um die Signale über das große Gelände zu verteilen.
Nur 160 Euro investiert
Die Kosten blieben überschaubar: „Insgesamt mussten wir einmalig 160 Euro für die Verstärker investieren“, sagt Vorsitzender Manfred Arnold. Die Pächter der sechs Parzellen, die die Stromversorgung stellen, zahlen aktuell etwa 7 Euro Stromkosten im Jahr. „Das wird nicht umgelegt, sondern gerne für die Gemeinschaft übernommen“, sagt Arnold.
In fünf Schritten zum Freifunker
Zwei Jahre haben Freifunker und Kleingärtner insgesamt getüftelt bis alles funktionierte. Im Mai 2017 war es dann soweit. Seitdem holt man sich Grillrezepte und Gärtner-Tipps aus den Weiten des Netzes. Vereinsintern nutzt man die Möglichkeiten des Freifunks, um die Mitglieder zu informieren.
Über Homepage und den Kurznachrichtendienst Twitter tickern so regelmäßig Informationen, zum Beispiel wann das Wasser an- bzw. wieder abgestellt werden muss, wann Gärten frei werden, und wann die nächsten Feste anstehen. In Riemke gibt es vielleicht nun so etwas wie das digitale Kleingärtnerglück zwischen Beeten, Bäumen, Bits und Bytes.