Bochum. . Von zwei ehemaligen Nachbarn wird die alleinstehende Witwe mit völlig abstrusen Forderungen überzogen – im Stile ähnlich wie die „Reichsbürger“.
„Ich habe Angst, wenn diese Briefe kommen“, sagt die Rentnerin. Die alleinstehende Witwe aus Bochum bekommt in unregelmäßigen Abständen völlig abstruse Geldforderungen zugeschickt, die sich ihren Angaben zufolge auf 55 Milliarden US-Dollar angehäuft haben. Dahinter sollen Leute stecken, die ähnlich wie die „Reichsbürger“ die Bundesrepublik nicht anerkennen – und unbescholtene Bürger, mit denen sie in Konflikt geraten, mit horrenden Rechnungen überziehen.
Rechtliche Vorgänge deuten sie eigenmächtig in Privatgeschäfte um, für die sie dann in wirren Ausführungen völlig willkürliche Rechnungen in Dollar-Währung versenden. „Behinderung des freien Weges“ zum Beispiel – so steht es in einer Preisliste – kostet „500 000 00 US-$“. Oder: „Verweigerung, Ignorieren, fehlender Ausgleich von Forderungen aller Art zum geforderten Zeitpunkt“ kostet den „zehnfachen Betrag der ursprünglichen Forderung“.
Rentnerin hat seit zwei Jahren Probleme
Bei der Rentnerin fing es vor rund zwei Jahren an, wie sie erzählt. Ihre damalige Nachbarin (57) habe ihr eine Rechnung wegen ihres Autos zugeschickt – fast 10 000 US-Dollar. Die Rentnerin hatte sie zuvor gebeten, ganz kurz auf ihren Parkplatz neben dem Haus zu verzichten, weil sie die Einfahrt sauber machen wolle. Später bekam sie weitere astronomische Zahlungsaufforderungen ohne jede Grundlage. Zuletzt erst am „fünften Tag des ersten Monats anno mundi zweitausendachtzehn“. Darunter steht „BUND der Gläubiger anno mundi 1871“. In dem Jahr wurde das Deutsche Reich gegründet.
Gerichtsprozess am 28. Februar
Ähnlich wie der Rentnerin erging es ihrer Bekannten, die in dem Mehrfamilienhaus eine Wohnung vermietet. Nach einem Streit über das Ausbleiben von Mieten erhielt auch sie von jener Nachbarin wahnwitzige Geldforderungen. Sie wurde sogar in ein richterlich nicht überwachtes Schuldenregister in den USA eingetragen. Daraus hat sich die Vermieterin nur mit großen Mühen wieder löschen können.
Jene Ex-Nachbarin mit dem Auto und ihr Bekannter (52) sind am Amtsgericht Bochum angeklagt worden wegen versuchter Erpressung. Am 28. Februar beginnt der Prozess. Die zwei wohnen mittlerweile in Berlin – „nicht wohnhaft in der Bundesrepublik“, wie der Angeklagte in seinem Briefkopf anmerkt. In der Anklage geht es um Staatsdiener, die bedrängt worden sein sollen.
Verfassungsschutz bietet Hilfe an
Erst vor einigen Wochen ist ein weiterer Mann (26) in Bochum wegen solcher Taten zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte eine Gerichtsvollzieherin auf diese Weise bedrängt. Auch die Stadt hat bereits Ärger mit ähnlichen Tätern gehabt. Bereits zehn Mitarbeiter waren kurzzeitig in das US-Schuldenregister mit fingierten Forderungen eingetragen. Das Rechtsamt hat das längst wieder gelöscht.
Der NRW-Verfassungsschutz bietet auch betroffenen Privatpersonen Hilfe an. Telefon: 0211/871-28 21.