Bochum. . Die kulturhistorischen Museen im historischen Haus Kemnade müssen wegen Personalnot schließen. Der Förderverein spricht von einem Skandal.

Die städtische Mitteilung vor ein paar Tagen las sich unverfänglich: „Kulturhistorische Museen von Haus Kemnade vorübergehend geschlossen“. Doch das ist wohl nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich ist die Wasserburg seit Anfang des Monats zu, und sie bleibt es wohl auch noch länger. Mindestens bis Januar, möglicherweise auch weit darüber hinaus. „Das ist ein Unding, und so nicht hinzunehmen!“, echauffiert sich Rita Jobs vom Förderverein.

Das historische Haus Kemnade ist nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel im grünen Süden, sondern vor allem ein kulturhistorisches Museum, das Verschiedenes bietet: die Musikinstrumentensammlung Grumbt, einen Ausstellungsbereich im Obergeschoss, der vom städtischen Kulturbüro betreut wird, die Räume des Kunstvereins und nicht zuletzt das Bauernhausmuseum im Außenbereich.

Weihnachtssingen findet statt

Die Burg, obschon in Hattingen gelegen, ist im Besitz der Stadt Bochum. Das Kulturbüro ist für den Museumsbetrieb zuständig. Nachdem zwei Mitarbeiter altersbedingt ausgeschieden und deren Stellen nicht neu besetzt worden sind, stehen für die Betreuung des Hauses – Wach- und Schließdienst, Organisation, Aufsicht – aktuell nur 1,5 Mitarbeiterkräfte zur Verfügung: zwei 75-%-Stellen. Zurzeit fällt eine Mitarbeiterin krankheitsbedingt länger aus. Mit der Konsequenz, dass Kemnade geschlossen wurde. „Mit dem wenigen Personal lässt sich eine Sechs-Tage-Öffnung nicht aufrecht erhalten“, so Bernhard Szafranek, Leiter des Kulturbüros. Es wären drei Museumsstellen in Vollzeit nötig, um den Betrieb reibungslos laufen zu lassen.

Für Rita Jobs ist das ein „Hammer“: „Wir sind alle geschockt, dass ein Museum, das immerhin über 30 000 Besucher im Jahr verzeichnet, sang- und klanglos dicht gemacht wird“, sagt die Leiterin des Fördervereins Haus Kemnade. Für Jobs ist die Entwicklung kaum überraschend: „Das ist die Konsequenz aus immer mehr Einsparmaßnahmen bei der Stadt.“

Gebuchte Veranstaltungen finden statt

Zwar können gebuchte Veranstaltungen – wie das Weihnachtsliedersingen „Vom Himmel hoch“ morgen (10.) um 11 Uhr – durch den Einsatz eines Notdienstes stattfinden, alles andere aber nicht: Die große Reformationsausstellung „Von Luther zum Lutherhaus“ kann ebensowenig besucht werden wie die „Jahresgaben“-Schau des Kunstvereins und die historische Sammlung im Bauernhaus. Weiter geöffnet ist das Spardosen-Museum „Schatzkammer“, das nicht von der Stadt, sondern von der Sparkasse betreut und beaufsichtigt wird. Auch das Restaurant Burgstuben Haus Kemnade ist von der Schließung des Museums nicht betroffen. „Bei uns läuft der Betrieb uneingeschränkt weiter“, versichert Gastronom Heinz Bruns.

„Nur noch Geld für Häuptlinge“

An anderer Stelle macht sich mittlerweile Frust, aber auch Wut breit: „Wir fühlen uns völlig abgestellt“, sagt Rita Jobs, „offenbar ist bei der Stadt nur noch Geld für ,Häuptlingsstellen’ da“. Dabei seien es gerade die Mitarbeiter vor Ort, die den Bürgerkontakt – und damit die Außenwahrnehmung Bochums – prägten. Dass Haus Kemnade wegen Personalmangels geschlossen wurde, hält die langjährige SPD-Ratsfrau für skandalös.

Das Loch durch ehrenamtliche Hilfe aus dem Förderverein Haus Kemnade & Musikinstrumentensammlung Grumbt zu stopfen, lehnt Jobs ab. „Wir engagieren uns in unserer Freizeit schon genug, in dem wir z.B. Führungen anbieten oder Konzerte organisieren.“ Es sei nicht einzusehen, dass – bei aller Wertschätzung des Ehrenamts – den Bürgern immer mehr originäre städtische Aufgaben zugeschustert würden.

Dass Haus Kemnade quasi über Nacht dicht gemacht wurde, ist ein Ding! Selbst wenn die Schließung nur vorübergehend sein sollte. Hier schickt sich die Stadt in eine Entwicklung, die sie selbst zu verantworten hat. Immer stärkerer Spardruck sorgt für immer weniger (neu) besetzte Stellen. Die Personaldecke wird dünner und dünner. Dass die Kämmerin vor Kurzem weitere 200 Stellen für obsolet erklärt hat, werden nicht nur die engagierten Ehrenamtlichen des Fördervereins Kemnade mit Bitternis zur Kenntnis genommen haben.

>>>>>>>KOMMENTAR

Bochum stellt sich gern als „Hotspot der Live-Kultur“ und als „Kulturhauptstadt des Ruhrgebiets“ dar. Was ist von solcher Werbung zu halten, wenn man nicht einmal in der Lage ist, zwei (!) Stellen für ein populäres Museum wie die Burg Kemnade frei zu schaufeln?

Man kann nur warnen: Seid wachsam! Das, was im Haus Kemnade passiert, könnte beim munteren Weitersparen ganz schnell auf andere Kulturorte übergreifen. Dem vorzubeugen, ist der Oberbürgermeister persönlich gefordert. Sonst wird der Hotspot zur kalten Sonne.