Bochum. Bochum muss mehr Flächen für Gewerbe und Industrie ausweisen, sagt die Bochumer Wirtschaftsentwicklung. Auch Grünflächen stehen auf der Liste.

  • 37 Hektar potenzielle Gewerbe- und Industriefläche muss Bochum noch für den Regionalplan anmelden
  • Verwaltung und Wirtschaftsentwicklung schlagen nun zwei Areale aus dem Regionalen Grünzug vor
  • Das birgt Zündstoff. Aus den Reihen der Grünen kommt ein „kategorisches Nein“

Die republikweit vielleicht bekannteste Stelle Bochums verändert rasant ihr Gesicht: In Laer wird demnächst die größte Halle des früheren Opel-Autowerks abgerissen, nebenan entsteht zeitgleich ein Megapaketzentrum des Logistikers DHL. Aus Industrie- wird Gewerbefläche, unterm Strich mit weniger Beschäftigten, mit geringerer Wertschöpfung und mit weniger Fläche für die wirtschaftliche Nutzung.

Von den 69 Hektar des früheren Werks werden künftig nur noch etwa zwei Drittel produktiv genutzt, der Rest sind Grünflächen und Erholungsräume. Was der Einbindung des nicht mehr hermetisch abgeriegelten ehemaligen Werks ins städtische Leben dient, birgt zugleich ein Problem. Bochums Industrie- und Gewerbeflächen schrumpfen; seit 2003 um 116 Hektar, wie eine in Auftrag gegebene Studie zeigt.

Gewerbesteuer viel zu gering

„Dabei brauchen wir dringend Flächen“, mahnt Ralf Meyer, Geschäftsführer der Bochum Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft. Die Stadt müsse wirtschaftlich wachsen. Ein Vergleich zeige, wie schwach Bochum dastehe: „Es gibt die Faustformel, dass eine Stadt je 100 000 Einwohner Gewerbesteuern von 100 Millionen Euro einnehmen sollte.“ In Bochum sind es bei 371 000 Einwohner 160 Millionen Euro. Meyer: „Uns fehlen Gewerbesteuern von 200 Millionen Euro. Auch deshalb brauchen wir Flächen, auf denen wir Gewerbe ansiedeln und für Beschäftigung sorgen können.“

Da Bochum nach Berechnungen des Regionalverbandes Ruhr noch 37 ha Perspektivflächen für Gewerbe und Industrie fehlen, spricht sich Meyers Haus dafür aus, zwei Areale aus dem Regionalen Grünzug für den Regionalplan anzumelden: im Dreieck von A43, A44 und Universitätsstraße sowie an der Westseite des bereits bestehenden Gewerbegebiets Wattenscheid. Ein Vorschlag mit Zündstoff.

>>Brachflächen reichen angeblich nicht

Bevor der Rat im November über den Verwaltungsvorschlag entscheidet, zwei Flächen aus dem Regionalen Grünzug für eine mögliche wirtschaftliche Nutzung vorzuschlagen, ist bereits Widerstand zu vernehmen. Ein „kategorisches Nein“ kommt aus der Rats-Fraktion der Grünen. „Es ist natürlich einfacher, Freiflächen zu nehmen und zu bebauen statt Industriebrachen zu entwickeln“, heißt es dort.

„Das tun wir ja auch“, kontert Wirtschaftsförderer Meyer, der darauf verweist, dass zwischen 1973 und 2003 etwa 350 Hektar Brachflächen neu gewerblich genutzt worden seien. Jüngstes Beispiel für die Verwendung von Altflächen sei die Entwicklung des Opel-Werks. Aber das reiche nicht aus, zumal unter den in einer ersten Tranche dem Regionalverband bereits vorgeschlagenen Flächen auch der Bahnhof Langendreer mit fast 30 Hektar sei. Es werde Jahre dauern und viel Geld kosten, diese Flächen aufzubereiten und überhaupt an eine Vermarktung zu denken.

Kaum noch große Flächen

Eine Analyse der Bestände zeige, dass in elf von 21 Bochumer Gewerbegebieten keine Fläche mehr vermarktet werden könne und dass es vor allem an großen zusammenhängenden Arealen von mehr als 20 000 Quadratmetern fehle. Nur zwei gebe es noch: in Gerthe und auf Mark 51/7, dem früheren Opel-Werk. Meyer: „Wenn wir so weiter vermarkten, dann wird es nach 2019 schwer, der Wirtschaft noch Flächen anzubieten.“

Schon vor der Sommerpause hat er daher in den Ratsfraktionen für seinen Vorschlag geworben, auch Grünflächen an den RVR zu melden – auch deshalb, weil „Gewerbeflächen von heute nicht mehr mit denen von früher zu vergleichen sind“ und weil Bochum in den vergangenen Jahren viele früher wirtschaftlich genutzte Flächen wie etwa den Westpark abgegeben habe. An der Universitätsstraße könne er sich sogar ein Vorzeigeprojekt vorstellen. Sein Haus habe dazu ein Gutachten „zur ökologischen Verträglichkeit von neuen Gewerbegebieten im Freiraum der Stadt Bochum“ erstellen lassen. Kennzeichen eines solchen „alternativen“ Gewerbegebiets seien ein innovatives Energiekonzept, hohe Maßstäbe an Natur- und Artenschutz und hohe Bauqualität.

Dass mitten in dem ausgesuchten Areal das Tierheim zu Hause ist, müsse kein Hindernis sein. In dem Gutachten wird vorgeschlagen, es an der Stelle zu belassen und durch die vorhandene prägende Begrünung vom Gewerbe abzuschirmen. Überhaupt sollen die Grünstrukturen auf der gesamten Fläche erhalten und kleinteilige Gewerbeparzellen erstellt werden. Nah zu den Autobahnen könnte es zu einer industriellen Nutzung kommen, im Kernbereich zur gewerblichen Nutzung.