Bochum. Rat debattiert über Grundsatzentscheidung zur Entwicklung an der Viktoriastraße. Geschätztes Investitionsvolumen von einer halben Milliarde Euro.

  • Eine Fläche von etwa sechs Hektar rund um das Rathaus wird in Bochum in den nächsten Jahren neu entwickelt
  • Nach Schätzung von Stadtbaurat Markus Bradtke werden so etwa 500 Millionen Euro investiert
  • Der Rat soll am Donnerstag eine Grundsatzentscheidung treffen. Aber dies hat einen Haken

Womöglich mit einer Grundsatzentscheidung zur Entwicklung entlang der Viktoriastraße verabschiedet sich der Rat der Stadt heute in die Sommerpause. Es geht um die mittelfristige Gestaltung einer sechs Hektar großen, stadtprägenden Fläche rund um das Rathaus: angefangen vom maroden Bildungs- und Verwaltungszentrum (BVZ) über den Telekom-Block bis hin zum alten Justizzentrum.

Binnen weniger Jahre könnte Bochum an der Westflanke seiner City durch einen großen Umbau mit einem geschätzten Volumen von einer halben Milliarden Euro privater und öffentlicher Investitionen, so Stadtbaurat Markus Bradtke, ein völlig neues Gesicht bekommen — mit dem Viktoria-Karree der Hamburger HBB auf dem Justiz-Gelände, dem zum Einkaufs- und Verwaltungscenter umgebauten Telekom-Block, einer den Appolonia-Pfaus-Park umrahmenden Wohnbebauung und einem sanierten oder abgerissenen BVZ.

Die Verwaltung, so Bradtke, wünscht sich angesichts der komplexen Thematik nun ein grundsätzliches Signal der Politik, an welcher Stelle und in welche Richtung sie ihre Planungen fortsetzen soll.

Belastbare Zahlen fehlen

Was in der Vorlage fehlt: Die in Auftrag gegebene Wirtschaftlichkeitsrechnung, die u.a. Kosten und Nutzen einer Sanierung oder eines Abrisses des BVZ sowie die langfristige Anmietung von Büroflächen darlegen soll, liegt noch nicht vor. „Ich kann doch keine Entscheidung von so großer Tragweite treffen, ohne die Zahlen zu kennen“, kritisiert CDU-Ratsmitglied Roland Mitschke.

Unbeschadet der fehlenden Zahlen zeichnet sich ab, dass die Verwaltungsvorschläge keine ungeteilte Zustimmung finden. Die Idee, die Viktoriastraße als „frequenzbringendes Rückgrat der Innenstadt“ zu entwickeln und nicht nur VHS und Bücherei, sondern auch klassische Verwaltungseinheiten in privaten Immobilien unterzubringen, geht nach Ansicht der CDU in die falsche Richtung. Mieten sei auf die Dauer zu teuer, eher solle versucht werden, dafür Flächen der Investoren zu kaufen.

Baltz will Einzelhandel auf 5000 Quadratmetern betreiben

Telekom-Block-Mitinhaber Andor Baltz hat bereits seine Bereitschaft signalisiert: „Ich könnte mir vorstellen, einen Teil der Fläche an die Stadt zu verkaufen.“ Er selbst will auf 5000 Quadratmetern Einzelhandel betreiben, im Gespräch ist der Umzug des Sporthauses von der Massenbergstraße (Baltz: „Das ist noch völlig offen“). Ein Entwurf des von ihm beauftragten Büros Farwick + Grote sieht an der alten Post auch Büronutzungen und einen Ausbau des Innenhofs vor.

>>> Kommentar von Andreas Rorowski:

Es muss alles auf den Tisch

Bochum ist spät dran. Längst schon hätte über die Zukunft des maroden BVZ und die künftige Architektur entlang der Viktoria-straße entschieden sowie der künftige Personal- und Raumbedarf der Verwaltung ermittelt werden können. Dass dies nicht geschehen ist, hat ebenso hausgemachte Gründe wie solche, die die Stadt nicht beeinflussen kann.

Dass die Verwaltung ein Papier vorlegt, in dem die komplexe Thematik der Erneuerung rund ums Rathaus auf den Punkt gebracht wird, ist löblich. Weit überzogen ist der Vorwurf eines Kritikers, es handele sich um viel Blabla. Aber: Ohne belastbare Zahlen kann niemand über die Zukunft eines wesentlichen Teils der Innenstadt entscheiden, zumal dieser mit so großen Erwartungen verbunden ist. Debattieren lässt sich heute über vieles. Entschieden werden muss dann, wenn alles auf dem Tisch liegt. So viel Zeit muss sein.