Bochum. . Der Trainer-Wechsel beim VfL Bochum hat für große Überraschung unter den Anhängern gesorgt. Verbeek-Nachfolger Atalan wurde freundlich begrüßt.

  • Mit großer Überraschung haben VfL-Anhänger auf den blitzartigen Trainer-Wechsel reagiert
  • Die Fans äußern sich überwiegend kritisch über die menschliche Art des geschassten Gertjan Verbeek
  • Nachfolger Ismail Atalan wurde auf dem VfL-Gelände, wo er sein erstes Training leitete, freundlich begrüßt

„Viel Glück, Herr Atalan! Aufstieg!“- Das rief am Dienstagnachmittag ein älterer treuer VfL-Anhänger dem neuen Trainer des VfL Bochum zu, als dieser gegen 15 Uhr aus der Kabine des Ruhrstadions kam und mit seinen Spielern zum Trainingsplatz ging. Ismail Atalan grüßte freundlich zurück. Ein kurzes Händeschütteln mit einem Fan – und dann ging’s direkt an die Arbeit, direkt an den Ball.

Mit einem Paukenschlag hatte der Dienstag für alle Bochumer begonnen, die sich irgendwie für ihren VfL interessieren. Aus den Medien erfuhren sie, dass der Vorstand Trainer Gertjan Verbeek mit sofortiger Wirkung freigestellt hat. Ein Nachfolger war auch schon zur Stelle: der Trainer der Sportfreunde Lotte, Ismail Atalan. Auch unter Fußballanhängern war er nicht überall bekannt. Dieser Blitz-Wechsel auf der Trainerbank hat alle überrascht.

Willkommen in Bochum! Willkommen beim VfL! Berthold Ostendorf (re.) begrüßt Ismail Atalan kurz vor seiner ersten Trainingseinheit in Bochum.
Willkommen in Bochum! Willkommen beim VfL! Berthold Ostendorf (re.) begrüßt Ismail Atalan kurz vor seiner ersten Trainingseinheit in Bochum. © Dietmar Wäsche

„Ich hätte ihn längst rausgeworfen“

„Der Zeitpunkt der Entlassung war unglücklich – mitten in der Vorbereitung, kurz vor dem Start“, sagt Klaus Marzinski (70), der seit 61 Jahren zum VfL geht. Mit seiner Frau steht er am Trainingsplatz und schaut dem Neuen bei den ersten Ballübungen zu.

Fast 100 Zuschauer sind gekommen, mehr als sonst beim Training. Aber dies hier ist kein normales Training. „Da muss vorher schon was vorgefallen sein“, glaubt Marzinski, der auch VfL-Vereinsmitglied ist. „Ich hatte für den Trainer menschlich zwar nichts übrig; fachlich war er gut. Trotzdem geht man so mit Menschen nicht um.“ Eine Zuschauerin ergänzt: „Ich hätte ihn schon längst rausgeworfen. Er war total fanunfreundlich.“

Außendarstellung des Vereins hat gelitten

Die Meinungen der Zaungäste gestern auf dem VfL-Gelände über den geschassten Holländer sind alle relativ kritisch. „Fachlich war er in Ordnung, menschlich lässt er zu wünschen übrig“, kommentiert ein älterer Herr, der seit 1967 zum VfL geht. Er sitzt in der Mittagssonne auf der Haupttribüne und schaut zu, wie die Presse vor der Südtribüne das offizielle Mannschaftsfoto aufnimmt.

Ganz rechts, in der mittleren Reihe, steht der neueste Neuzugang – zweieinhalb Wochen vor dem ersten Bundesliga-Spiel gegen St. Pauli: Ismail Atalan. Er könnte den Spitznamen Ata bekommen, wenn er nicht schon besetzt wäre durch VfL-Legende Michael „Ata“ Lameck. Auch der 67-jährige Ex-Verteidiger und -Mittelfeldspieler schaute gestern beim VfL vorbei.

Trainerwechsel erwischt Fans kalt

„Teilweise hatte Verbeek ja Recht, aber das hätte er anders formulieren können. Die Außendarstellung war nicht positiv für den VfL Bochum“, sagt ein Zuschauer auf der Haupttribüne, der seinen Namen aber nicht in der Zeitung lesen will. „Wäre ich Sponsor, würde ich da kein Geld investieren.“

„Verbeek hatte viele Reibereien, es wurden immer mehr“, meint ein anderer Zuschauer, der ebenfalls seit einem halben Jahrhundert den VfL Bochum begleitet. Der Trainer-Rauswurf hat auch ihn kalt erwischt. „Im ersten Moment war ich geschockt, hatte nicht damit gerechnet. Ob der Wechsel aber gut ist, muss man jetzt erst einmal abwarten.“

Stimmen zur Entlassung von Gertjan Verbeek

Friedrich Kranz (68)

"Die sollten besser den Hochstätter rausschmeißen. Der wollte zuletzt ja auch nach Hamburg. Der hat den Neururer abgeschossen und jetzt den Verbeek. Ich halte von dem ganzen Zirkus gar nichts."

Marvin Pass (18)

"Den Trainer  und seine akribische Arbeitstechnik fand  ich eigentlich ganz gut. Aber wie er mit den Medien umgegangen ist, hat seine wahre Seite gezeigt. Das geht nicht."

Robert Bar (56)

"Schon in Nürnberg war er ein bisschen komisch. Aber er hat seine Spieler immer verteidigt. Im Großen und Ganzen hat Verbeek beim VfL Bochum nicht  viel bewegt, was man auch an der Tabelle ablesen kann. Aber das lag auch an der Qualität des Spielerkaders."

Jörg Tilsner (56)

"Dieser Rausschmiss war überraschend und nicht verwunderlich zugleich. Sein Verhalten gegenüber Fans und Presse fand ich nicht so prickelnd. Die Mannschaft hatte mit ihm kein System und kein Gesicht. Ich hoffe, mit dem neuen Trainer wird das wieder anders."

Kevin Scholten (26)

„Ich war sehr überrascht – und beim zweiten Gedanken auch wieder nicht. Es gab wohl interne Probleme, und es war ja schon bezeichnend, dass Verbeek den Trainingsbeginn einfach vorverlegt hat und die Fans zu spät kamen. Er ist eben ein kauziger Typ. Mit dem neuen Trainer könnte es vielleicht etwas werden, er hat gute Arbeit geleistet in der dritten Liga und ein junger Trainer könnte die Euphorie auch bei den Fans wieder neu entfachen.“

Tanja Kühn (27)

„Ich habe  den Rausschmiss von Verbeek heute morgen mit Erschrecken zur Kenntnis genommen. Gertjan Verbeek fand ich als Trainer super. Er ist ein sehr disziplinierter Typ. Ich habe ihn auch mal beim Training beobachtet und fand es gut, wie er die Mannschaft geleitet hat. Er ist eben ein kerniger Typ, der sich auch durchsetzen kann. Den Cheftrainer jetzt noch vor Saisonbeginn nach ein paar Testspielen abzusetzen, finde ich wirklich nicht in Ordnung.“

Silvia Wilske (59)

„Wenn eine Mannschaft nicht mehr hinter ihrem Trainer steht  und nicht mehr mit ihm klarkommt, muss der Trainer seinen Koffer packen. Das ist eine logische Folge. Ich denke der Aufsichtsrat und der Vorstand werden sich das gut überlegt haben. Ich würde mir wünschen, dass der VfL einen Trainer bekommt, der die Verhältnisse in Bochum auch zu schätzen weiß. Wir sind nicht Dortmund oder Gelsenkirchen, aber die Fans stehen hinter ihrem VfL.“

Dominik Lukas via Facebook

„Unmöglich, was sich der Vorstand wieder leistet. Keine Ahnung, was die geritten hat, zwei Wochen vor dem Start diesen für mich völlig unverständlichen Schritt zu gehen. Der VfL war für mich Aufstiegsfavorit aber jetzt wird es schwer.“

1/8